Die Katze frisst nicht. Vor allem in der Klinikumgebung ist das ein häufiges Problem. Was kann man dagegen tun und wie kann man die Vierbeiner im Notfall richtig künstlich ernähren? Eine neue Leitlinie erklärt’s.
Es ist unbedingt notwendig, schnell zu handeln, wenn eine Katze Appetitlosigkeit zeigt. Denn selbst einige Tage suboptimaler Ernährung können schwerwiegende Folgen haben, die möglicherweise Krankheiten fördern, die Genesung verzögern, die Wundheilung verlangsamen und die Darmgesundheit sowie das Immunsystem beeinträchtigen. Deswegen wurde jetzt im Journal of Feline Medicine and Surgery eine neue Leitlinie für die Behandlung inappetenter Katzen veröffentlicht.
Die häufigsten Ursachen für Inappetenz bei Katzen sind Übelkeit, Schmerzen und/oder ein Ileus. Aber auch der Stress eines Klinikaufenthalts kann zu einer Abneigung gegen das Fressen führen. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Hauskatzen viele der Eigenschaften ihrer Wildkatzenvorfahren beibehalten haben: Sie sind dämmerungsaktiv, territorial oder ortsgebunden, obligatorische Fleischfresser und selektiv sozial. Somit kommen sie oft nicht gut mit Veränderungen zurecht; dies gilt auch für ihre Nahrungsvorlieben, die schon in jungen Jahren festgelegt werden und in der Regel zu einer Abneigung gegen ungewohnte Geschmäcker und Texturen führen.
Darüber hinaus können die hoch entwickelten Sinne der Katze, die für die Jagd und das Überleben entwickelt wurden, in der Klinik leicht überstrapaziert werden – eine Umgebung, die aus Sicht der Katze intensiv und ungewohnt ist und Gefahr signalisiert, ohne dass es eine Möglichkeit zur Flucht gibt.
Eine katzenfreundliche Umgebung ist also entscheidend für das psychische Wohlbefinden, das untrennbar mit der körperlichen Gesundheit und dem Appetit verbunden ist. Zu den Strategien zur Stressreduktion in der Tierklinik gehören Lärmreduktion, sanfte Behandlungen und die Bereitstellung von einem bequemen Liegeplatz, sauberem Einstreu und Versteckmöglichkeiten. Bei allen Interaktionen mit dem Patienten sollte sich das Tierarzt- und Pflegepersonal langsam bewegen, vorhersehbar, ruhig und sanft sein und leise sprechen. In den Leitlinien wird betont, wie wichtig es ist, positive Assoziationen zu wecken – beispielsweise durch das Angebot eines Leckerbissens, ruhige Worte oder Streicheleinheiten (vorausgesetzt, die Katze reagiert positiv darauf), damit der Patient lernt, dass der Käfig nicht nur für einen Eingriff geöffnet wird.
Einer Katze, die nur ungern frisst, sollte regelmäßig Gelegenheit zum Fressen gegeben werden, wobei darauf geachtet werden sollte, sie nicht mit einem Überangebot aus verschiedenen Futtersorten zu überhäufen, da dies aversiv wirken kann. Auch eine Fütterung mit einer Spritze oder mit Gewalt ist laut der Autoren nicht angebracht.
In einigen Fällen kann eine Ernährungssonde erforderlich sein, um die Genesung eines inappetenten Patienten zu optimieren. Die Leitlinien erklären, was, wann und wie die Ernährung durch eine Sonde durchgeführt werden kann, um die Kalorien- und Nährstoffaufnahme sicher zu stellen und gleichzeitig Risiken und Komplikationen zu minimieren. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Legen und der Handhabung von naso-ösophagealen, nasogastrischen und Ösophagostomie-Sonden, wobei letztere von den Besitzern bequem und in vertrauter Umgebung zu Hause verwendet werden können.
Unabhängig davon, ob die Katze zu Hause oder in der Klinik über eine Sonde gefüttert wird, gelten die gleichen Grundsätze: Man sollte den Patienten sich vor der Fütterung so weit wie möglich entspannen lassen und ihn durch ruhiges Sprechen und, wenn die Katze gut darauf anspricht, durch Streicheln oder Bürsten beruhigen. Außerdem sollte der Fütterungsvorgang nicht überstürzt werden, da dies negative Assoziationen sowohl mit der Fütterung als auch mit der Handhabung hervorrufen könnte.
Die Katzenspezialistin Samantha Taylor, Hauptautorin der neuen Leitlinie, erklärt, dass das Ziel bei der Entwicklung dieser Ressourcen darin bestand, Tierärzten die nötige Sicherheit für das Legen von Ernährungssonden und TFAs wichtige Informationen über die Pflege von Katzen mit Inappetenz zu geben. Die Botschaft an ihre Tierarztkollegen lautet, bei jeder Katze mit vermindertem Appetit sofort zu handeln: „Warten Sie nicht! Anstatt zu hoffen, dass die Katze morgen frisst, handeln Sie heute und verbessern Sie die Ergebnisse für den Patienten!“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung von SAGE. Die Leitlinien haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Anastasiia Rozumna, unsplash