Machen Antibiotikaresistenzen bald Infektionen wie die Gonorrhoe unbehandelbar? Ein neuer multiresistenter Stamm deutet darauf hin. Ein Fallbeispiel aus Österreich.
Da es keinen Impfstoff gegen Gonorrhoe gibt, ist die frühzeitige Diagnose dieser sexuell übertragbaren Infektion von großer Bedeutung. Neben einer frühen Diagnosestellung sind eine wirksame Behandlung sowie Benachrichtigung der Sexualpartner die Eckpfeiler der Kontrolle der Krankheitsausbreitung. Neisseria gonorrhoeae hat jedoch seit Beginn der Behandlung mit antimikrobiellen Mitteln in den 1930er Jahren Resistenzen gegen alle Klassen von Medikamenten entwickelt.
Als Erstbehandlung wird in den aktuellen Leitlinien entweder eine Monotherapie mit Ceftriaxon oder eine Kombination aus Ceftriaxon und Azithromycin empfohlen, doch wurde in den letzten Jahren weltweit über Resistenzen oder eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber beiden Medikamenten berichtet.
Pleininger et al. beschreiben den Fall eines kürzlich identifizierten extensiv arzneimittelresistenten Stammes (XDR, extensively drug-resistant), der nich nur eine hohe Resistenz gegen Azithromycin aufwies, sondern auch gegen Ceftriaxon, Cefixim, Cefotaxim, Ciprofloxacin und Tetrazyklin resistent war.
Der Stamm wurde entdeckt, nachdem ein heterosexueller männlicher österreichischer Patient nach kondomlosem Sex mit einer Sexarbeiterin in Kambodscha Symptome gezeigt hatte. Die Autoren weisen auf ein mögliches Versagen der Gonorrhoe-Behandlung mit Ceftriaxon und Azithromycin hin, da keine Gonokokkenisolate nach der Behandlung verfügbar waren. Nach der ersten Behandlung war der Heilungstest negativ, aber eine PCR aus der Kulturprobe des Harnröhrenabstrichs war positiv für Neisseria gonorrhoeae.
XDR-Gonorrhoe stellt eine Herausforderung für die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten und Empfehlungen dar. Die molekulare Untersuchung des Isolats des in Österreich entdeckten Stamms ergab: Es ist der weltweit zweite bekannte Gonokokkenstamm mit Ceftriaxon-Resistenz in Kombination mit hoher Azithromycin-Resistenz. Er hat eine relativ enge Verwandtschaft mit dem WHO Q-Referenzstamm, der mit drei 2018 diagnostizierten Gonorrhoe-Fällen in Großbritannien und Australien in Verbindung gebracht wurde.
Multi- und extensiv arzneimittelresistente Gonorrhoe-Stämme sind angesichts der begrenzten verbleibenden Behandlungsmöglichkeiten ein globales Problem für die öffentliche Gesundheit. Die Etablierung von Stämmen mit anhaltender Übertragung könnte viele Gonorrhoe-Fälle unbehandelbar machen.
Die Autoren kommen daher zu dem Schluss, dass „eine verstärkte Überwachung der Antibiotikaresistenz – idealerweise einschließlich Heilungstest und Ganzgenomsequenzierung – auf nationaler und internationaler Ebene und insbesondere in Asien, wo viele Ceftriaxon-resistente Stämme aufgetaucht zu sein scheinen, von größter Bedeutung ist. Letztendlich werden neue antimikrobielle Mittel für eine wirksame Behandlung der Gonorrhoe und ein ausreichend wirksamer Gonokokken-Impfstoff von entscheidender Bedeutung sein“.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Jonathan Farber, unsplash