Nach einer Organtransplantation ist die Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten entscheidend für den langfristigen Erhalt des Organs. Allerdings ist es alleine nur durch die Bestimmung des Blut-Tacrolimusspiegels sehr schwer abzuschätzen, ob eventuell eine unzureichende oder übermäßige Immunsuppression erzielt wird. Ein potentieller und interessanter Marker zur besseren Steuerung der immunsuppressiven Therapie von Patient*innen nach einer Organtransplantation könnte die Quantifizierung des Torque-Teno-Virus (TTV) im peripherem Blut sein.1
Bei TTV handelt es sich um ein kleines, unbehülltes DNA-Virus aus der Gattung der Alphatorqueviren.2,3 Es ist in einer Vielzahl von Säugetieren verbreitet und bei rund 90 % aller gesunden Personen nachweisbar, ohne jedoch eine spezifische Krankheit auszulösen.4-9 Trotz einer hohen Replikationsrate bleiben die Plasmalevel von TTV bei gesunden, immunkompetenten Personen stabil.10 Ist das Immunsystem jedoch geschwächt, steigen die Plasmalevel an.1
Die Prävalenz von TTV bei immunkomprimierten Patient*innen liegt bei nahezu 100 %.9 Hinzu kommt, dass das Virus durch konventionelle antivirale Therapien, wie sie nach einer Transplantation verabreicht werden, selbst nicht beeinträchtigt wird.9
Da die Plasmalevel von TTV unter anderem in direktem Zusammenhang mit der Konzentration und der Art der Immunsuppressiva stehen, lassen sich indirekt Rückschlüsse auf den Immunstatus der Patient*innen ziehen.9 So sprechen geringe TTV-Level im Blutplasma für eine zu hohe Dosierung der immunsuppressiven Therapie. In diesem Fall können unerwünschte Nebenwirkungen wie zum Beispiel Neuro- und Nephrotoxizität vermehrt auftreten. Eine hohe Anzahl der Viren im Blut weist hingegen auf eine zu geringe Dosis der immunsuppressiven Behandlung hin und könnte mit einer Abstoßungsreaktion einhergehen.1 Nachweisen lässt sich TTV ohne großen diagnostischen Aufwand molekularbiologisch mittels einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR).1
TTV als möglicher Marker zur Überwachung der immunsuppressiven Therapie bei Patient*innen nach Organtransplantation ist Gegenstand intensiver Forschung, und es gibt erste vielversprechende Ergebnisse. Allerdings wurde die TTV-Belastung nach Transplantation bisher noch nicht in einem interventionellen Umfeld getestet.1 Derzeit laufen zwei multinationale, randomisierte, kontrollierte Interventionsstudien, die zum Ziel haben, die Sicherheit und Wirksamkeit der TTV-gesteuerten Immunsuppression bei Patient*innen nach Nieren- bzw. Lungentransplantation zu untersuchen.1
Referenzen: