Nur wenige Erkrankungen lösen so viel Panik aus wie die Hand-Fuß-Mund-Krankheit – zu Unrecht. Jetzt wird mit dem Mythos aufgeräumt.
Es brennt einem auf der Zunge, sofort zu kalauern, wenn es um die Hand-Fuß-Mund-Krankheit (HFM) geht. „Das hat Hand und Fuß“, „besser als Maul-und-Klauen-Seuche“, „mein Kind hat die Fußkrankheit“ und was die Sprache noch so hergibt. Das sei hiermit erwähnt und gleich wieder vergessen. Denn eines fehlt immer: „Harmlos wie Hand-Fuß-Mund“ sollte zum geflügelten Wort werden.
Wenn ich in den Kindergärten Vorträge halte, sind die Erzieher meist irritiert, dass ich so wenig über die HFM berichte oder sie gar nicht erwähne. Dies möchte ich der Harmlosigkeit der Erkrankung schulden und erzähle am Ende doch eine halbe Stunde darüber — wie harmlos sie ist.
Die HFM wird durch Enteroviren ausgelöst, im Speziellen meist den Coxsackie-Viren, noch genauer dem A16-Subtyp. Darüber hinaus kommen viele Untertypen vor, weshalb eine Infektion auch keine lebenslange Immunität schafft. Dennoch werden die Verläufe – vor allem bei Erwachsenen – im zunehmenden Alter milder.
Enteroviren sind hochinfektiös und werden, wie so meist, über Körperflüssigkeiten übertragen, also auch: über die HÄNDE! Damit ist der Teufelskreis bei den Kleinen gegeben – es geht von den Händen auf Oberflächen und von dort wieder auf die anderen Hände, auch die der Erzieher. Ach, es ist eine einzige Sauerei … .
Die Inkubationszeit kann sehr schnell sein und dauert meist nur einige Tage, kann aber auch bis zu einem Monat dauern. Die Ansteckungsquelle ist dann meist nicht mehr zu identifizieren. Whatever: Die meisten Kinder stecken sich ruckzuck in der Kindergartengruppe an, da sie bereits vor dem namensgebenden Exanthem infektiös sind.
Was ist typisch für die HFM-Erkrankung? Meist gibt’s Halsweh, manchmal Fieber, der Patient ist kränklich, es entsteht ein typisches Enanthem im Mund – kleine Pünktchen auf dem Rachenbogen, die man leicht übersieht, die aber auch sehr heftig mit Aphthen im gesamten Mund auftreten können. Jetzt tut es wirklich weh im Mund, kleinere Kinder sind entsprechend appetitlos. Beim Vollbild kommen Pünktchen an Hand- und Fußsohlen, außerdem um den Mund herum dazu. Letztendlich können sie an jeder Stelle der Haut auftreten, typisch sind die Punkte auch am Gesäß und äußeren Genitale.
Der Ausschlag dauert bis zu einer Woche, ganz selten auch zehn Tage. Solange noch neue Punkte hinzukommen (der Ausschlag „aufblüht“), sind die Kinder sehr ansteckend, entsprechend krank und sollten zu Hause bleiben. Sobald es ihnen besser geht, kein Fieber und keine Erkältungssymptome bestehen, können sie wieder die Gemeinschaftseinrichtungen besuchen.
Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Durchseuchung mit den Viren innerhalb einer Gruppe praktisch 100 %ig ist – auch weil die Kinder bereits vorher infektiös sind. Das Virus wird auch später noch lange (über Wochen) im Stuhlgang ausgeschieden. Das RKI bemerkt daher treffend: „Aus epidemiologischer Sicht erscheint eine generelle Empfehlung zum Ausschluss von erkrankten Kindern aus Kinderbetreuungseinrichtungen oder Schulen wegen der hohen Zahl asymptomatischer Verläufe und, da die Viren noch für Wochen nach Symptomende ausgeschieden werden, als wenig zielführend.“
Anders gesagt: Kranke Kinder bleiben zuhause, Kinder mit leichtem Verlauf ohne Fieber, ohne Erkältungssymptome und nur wenigen Punkten dürfen in den Kindergarten, im Grunde ist sowieso die ganze Gruppe bereits infiziert (80 % zeigen übrigens gar keine Symptome).
Eine Therapie gibt es nicht, eine Impfung gibt es nicht. Bei schweren Verläufen sind fiebersenkende Mittel immer in Ordnung. Die Beschwerden durch den Ausschlag im Mund kann man mit lidocainhaltigen Salben oder Bepanthenlösung lindern, den Hautausschlag an Händen oder Füßen mit einer einfachen Bodylotion pflegen. Das nimmt den Juckreiz. Schwere Verläufe gibt es sehr selten, Kinder mit Vorerkrankungen der Haut (Neurodermitis) brauchen gute Pflege, aber die brauchen sie immer.
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