Sie ist da: die neue S2k-Leitlinie zur Sekundärprävention nach ischämischem Schlaganfall oder TIA. Für euch die Highlights im Schnelldurchlauf.
Es ist mal wieder ein kleines Mammutprojekt gewesen: In der ersten Juliwoche haben die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) ihre neue S2k-Leitlinie zur Sekundärprophylaxe nach ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) vorgelegt. Kleines Schmankerl: Eines von vier Mitgliedern der Steuerungsgruppe ist das rheinland-pfälzische Neurologie-Urgestein Prof. Armin Grau, der mittlerweile (für Bündnis 90/Die Grünen) im Deutschen Bundestag sitzt. Die Leitlinie hat also quasi den Segen des Gesetzgebers.
Die Indikation „Sekundärprävention nach Schlaganfall/TIA“ ist so interdisziplinär, wie Medizin nur sein kann. Entsprechend breit ist das Spektrum der eingebundenen Fachgesellschaften. Neben den genannten, die die Federführung hatten, waren u.a. DGIM, Hochdruckliga, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, Deutsche Gesellschaft für Geriatrie und die in Sachen Leitlinienkommissionen manchem als etwas renitent geltende Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) eingebunden. Breiterer Konsens geht kaum, aber für Renitenz fand sich auch Platz.
Was steht drin? Wer es ausführlich mag, findet hier den Teil 1 der Leitlinie, der sich mit den wesentlichen medikamentösen Therapien befasst, die die Blutgerinnung sowie Vorhofflimmern, Cholesterin und Blutdruck adressieren. Im Teil 2 geht es dann hier um Lebensstil, Hormone, Schlafapnoe und Weitere.
Insgesamt sind das schlappe 211 Seiten. Hier kommt deshalb unsere „Tour de Schnell“ mit Fokus auf die Medikamente, also den Teil 1 der Leitlinie:
Polymedikation die erste: Nehmen die Patienten nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) ein, SOLLTET ihr die reduzierte Wirksamkeit von ASS beachten und die Medikamente zeitlich versetzt einnehmen lassen, konkret das NSAR mindestens 30 Minuten nach dem ASS.
Polymedikation die zweite: Einen großzügigen Einsatz von Protonenpumpenhemmern (PPI) SOLLTET ihr vermeiden. Und spezifisch SOLLTE Clopidogrel gar nicht kombiniert werden mit Esomeprazol oder Omeprazol.
Gib mir ein SOLL: Um die Absenkung eines erhöhten Blutdrucks kommt ihr nicht drum herum. Nur beim „wann“ gibt’s ein KANN: Ihr KÖNNT schon in den ersten Tagen nach Symptombeginn starten. Andere Dinge sind aber im Zweifel wichtiger, sofern es keine akute Hochdruckkrise ist.
Abschließend zur DEGAM. Die Spalterin unter den Expertenvereinigungen wird ihrem Ruf auch bei dieser Leitlinie gerecht. Die oben aufgeführten Empfehlungen trägt die DEGAM zwar im Wesentlichen mit. Sie ließ an zwei Stellen aber Sondervoten formulieren:
Die Bevorzugung der NOAKs gegenüber den Vitamin K-Antagonisten bei den Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern mag die DEGAM nicht. Sie will beides anbieten und gemeinsam mit den Patienten Vorteile und Nachteile wägen. Begründet wird dies mit entsprechenden Empfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, mit methodischen Mängeln in den NOAK-Studien und mit Real-World-Daten, wonach es wenig Unterschiede zwischen NOAK- und VKA-Therapie gebe und die VKA-Einstellung in Deutschland ohnehin besonders gut sei.
Auch in Sachen LDL-Senkung ist die DEGAM kein Konsens-Fan: Die Zielwertorientierung mögen die Allgemeinmediziner nicht leiden. Sie schlagen vor, Patienten mit ischämischem Schlaganfall ein Statin in fester Dosis anzubieten, ohne dass dann weitere Lipidmessungen oder Adjustierungen nötig sind. Begründung: Es fehle der randomisierte Vergleich einer Fixdosis-Strategie mit einer strengen Zielwert-Strategie.
Bildquelle: Carlo Pentimalli, unsplash