Vor einer künstlichen Befruchtung können die Eierstöcke über einen langen oder etwas kürzeren Zeitraum stimuIiert werden. Doch was ist sicherer? Eine neue Studie gibt Aufschluss.
Um vor einer In-Vitro-Fertilisation mehr Eizellen zu gewinnen und die Chance auf eine Schwangerschaft zu erhöhen, erfolgt im Vorhinein eine Follikelstimulation. Zur Stimulierung der Eierstöcke wird häufig das Fertilitätshormon FSH – ein sogenanntes Gonadotropin – in Kombination mit GnRH-Analoga eingesetzt, die den natürlichen Ovulationszyklus vorübergehend unterdrücken. Diese Downregulation ist notwenig, um einen vorzeitigen Eisprung zu verhindern und die Eizellentnahme besser timen zu können. Dazu gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen, die man auch als Stimulationsprotokolle bezeichnet: Dauert die Downregulation wie mit einem GnRH-Agonisten mehrere Wochen, spricht man von einem langen Protokoll. Bei einem Antagonisten-Protokoll hingegen, ist die Stimlationszeit verkürzt.
Forscher der Universität Birmingham haben in einer aktuellen Studie verschiedene Stimulationsprotokolle miteinander verglichen. Dazu überprüften sie Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von 56 verschiedenen Protokollen zur künstlichen Befruchtung von fast 37.000 Frauen. In der kürzlich auf der Jahrestagung der ESHRE vorgestellten Studie stellten die Forscher fest, dass es zwischen den Stimulationsstrategien lediglich geringe oder gar keine Unterschiede in Bezug auf die Lebendgeburtenrate gibt. Dennoch fiel den Wissenschaftlern eine andere schwerwiegendere Behandlungskomplikation auf: Das Risiko an einem ovariellen Überstimulationssyndrom (OHSS) zu erkanken, schien bei einer der Methoden erhöht.
Die Ergebnisse der Analysen zeigten, dass bei der Verwendung von kurzen Protokollen das OHSS-Risiko für Frauen etwa 50 % geringer ist als bei der Verwendung von Protokollen mit langen GnRH-Agonisten. Die Gründe dafür seien jedoch noch nicht vollständig geklärt, so Dr. Pedro Melo von Cochrane. Es sei aber wahrscheinlich, dass dies auf eine Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen sei – einschließlich des Fehlens eines ovariellen Flare-Effekts bei GnRH-Antagonisten und der Möglichkeit, den Eisprung in Zyklen mit GnRH-Antagonisten ohne HCG auslösen zu können, so der Wissenschaftler.
„Daher können wir jetzt mit gutem Gewissen sagen, dass die Anwendung langer Protokolle bei Patientinnen mit prognostiziertem hohen oder normalen Ansprechen wahrscheinlich nicht zu einer Verbesserung der Lebendgeburtenrate führt, aber wahrscheinlich das Risiko eines OHSS erhöht“, fasst Melo die Studie zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der European Society of Human Reproduction and Embryology.
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