Chronische Wunden stellen sowohl Betroffene als auch Behandler vor diverse Herausforderungen. Lesen Sie hier mehr über die zugrundeliegende Pathophysiologie, beeinflussende Faktoren und Anforderungen an die Versorgung!
Im Vergleich zu akuten Wunden mit vergleichsweise kurzer Heilungszeit von ca. 2 Wochen dauert die Heilung bei chronischen Wunden wie Unterschenkelulzera durchschnittlich bis zu 210 Tage.1 Definitionsgemäß wird eine Wunde, die nach 8 Wochen nicht abgeheilt ist, als chronisch bezeichnet.2 Zusätzlich zur zeitlichen Orientierung werden einige Wunden von Beginn an als chronisch angesehen: Dies gilt für Wunden, deren Behandlung eine Therapie der weiterhin bestehenden Ursache erfordert, wie z. B. der chronisch venösen Insuffizienz, der arteriellen Durchblutungsstörung oder des Diabetes mellitus.2
Was sind die häufigsten Krankheitsbilder?
Die überwiegende Mehrheit der chronischen Wunden fällt in 3 Hauptkategorien: venöse Unterschenkelulzera (Ulcus cruris venosum), Druckulzera und diabetische Fußulzera.3 Eine kleinere 4. Gruppe stellen arterielle Ulzera dar.3 Venöse Ulzera3,4 machen mehr als die Hälfte aller chronischen Wunden der unteren Extremitäten aus. Sie betreffen 1-2 % der erwachsenen Bevölkerung, mit einer höheren Prävalenz bei Frauen und älteren Menschen. Dabei wird die venöse Stauung durch eine Klappeninsuffizienz oder venöse Thrombose verursacht. Venöse Ulzera sind tendenziell größer und oberflächlicher, mit typischerweise unregelmäßigen und schlecht definierten Rändern. Sie kommen am häufigsten am Innenknöchel vor.
Druckgeschwüre3 treten häufig bei Menschen mit eingeschränkter Mobilität und verminderter sensorischer Wahrnehmung auf. So können etwa gelähmte oder bewusstlose Personen die Notwendigkeit einer Neupositionierung weder spüren noch darauf reagieren. Die Haut über knöchernen Vorsprüngen wie Kreuzbein, Hüfte, Ferse und Knöchel ist besonders anfällig für Druckgeschwüre, oft nach nur zwei Stunden Immobilität.
Diabetische Fußulzera3 sind eine häufige und schwerwiegende Komplikation des Diabetes mellitus. Pathophysiologisch wird eine Trias aus Neuropathie, Ischämie und Trauma beschrieben. Die Diabetes-assoziierte periphere Neuropathie erhöht das Risiko von Ulzerationen durch wiederholte mechanische Belastung, verstärkt durch eine gestörte Perfusion und fehlendes Schmerzempfinden. Darüber hinaus verursacht Diabetes hyperglykämiebedingte Stoffwechselstörungen, die die Wundheilung direkt stören. Patienten mit diabetischen Fußgeschwüren haben ein höheres Risiko für eine erneute Ulzeration (Rezidiv). Ein nicht rechtzeitig erkanntes diabetisches Fußulkus kann z. B. im Fall einer sich unbemerkt ausbreitenden Infektion zu einer Amputation und schließlich zum Tod führen.
Arterielle Ulzera3 sind seltener als venöse Ulzera. Sie treten als Folge einer arteriellen Durchblutungsstörung (pAVK) auf, die meist durch Arteriosklerose oder seltener durch Thromboembolien oder Strahlenschäden verursacht wird. Ein Verschluss von Arterien, die nicht das Herz oder das Gehirn versorgen, wird als periphere Gefäßerkrankung definiert – mit Hauptrisikofaktoren wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie und einer mit dem Alter zunehmenden Prävalenz. Arterielle Ulzera sind in der Regel distal über Knochenvorsprüngen lokalisiert und präsentieren sich mit einem runden, scharf begrenzten Wundrand.
Welche Faktoren beeinflussen die Wundheilung?
Trotz unterschiedlicher zugrundeliegender Ursachen verhalten sich viele chronische Wunden ähnlich.3 Dies lässt sich möglicherweise auf mehrere konsistente Mechanismen zurückführen, unter anderem:
Wie kann die Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden verbessert werden?Die Chance auf Heilung ist umso höher, je früher eine chronische Wunde diagnostiziert und eine adäquate Kausaltherapie eingeleitet wird.2 Allerdings erhalten viele Patienten erst mit deutlicher Verzögerung eine angemessene Behandlung: In Deutschland dauert es im Durchschnitt 3,5 Jahre, bis ein Patient mit einer chronischen Wunde fachärztlich behandelt und einer kausalen Therapie unterzogen wird.2
Bislang existieren deutschlandweit keine Empfehlungen zur Vereinheitlichung einer rechtzeitigen Diagnostik und Therapie.2 Aus diesem Grund wurde eine Expertengruppe aus verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens gegründet und ein Konsensus formuliert.2 In den Empfehlungen sind die interprofessionellen Zuständigkeiten sowie der Zeitpunkt einer rechtzeitigen Einbeziehung von Fachärzten oder spezialisierten Wundzentren und Einrichtungen definiert.2
Einige Fachgesellschaften bieten hilfreiche Informationen zu spezialisierten Einrichtungen – so ist beispielsweise über die Website der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) eine bundesweite Liste DDG-zertifizierter Kliniken und Arztpraxen aufrufbar. Die Übersicht finden Sie hier.
Das aktuelle Expertenpapier zur Versorgung chronischer Wunden können Sie sich hier anschauen.
Referenzen
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