Back to the roots: Warum desinfizieren gut für die Hände ist, ASS Protect nicht den Magen schützt und was „dreimal täglich einnehmen“ wirklich heißt, lest ihr hier.
Ärzte wissen ziemlich viel – aber auch ihr Wissen kann an der ein oder anderen Stelle zwischendurch aufgefrischt werden. Das kann auch bei der Kommunikation mit Patienten helfen. Ihr wisst das alles schon und kommuniziert es auch so? Umso besser.
Die Hände mit kaltem Wasser zu waschen, ist besser für die Haut, als sie mit warmem Wasser zu waschen. Die Hände mit Desinfektionsmittel zu desinfizieren, ist besser für die Haut, als sie mit kaltem Wasser zu waschen. Warum? Wäscht man die Hände, entfettet dadurch die Haut. Durch Wasser und Seife werden die Lipide aus der Haut gewaschen und sie verschwinden im Abfluss. Sie sind dann für immer weg – bye bye.
Je höher die Temperatur des Wassers dabei ist, desto mehr Lipide werden in Kombination mit der Seife aus der Haut gewaschen. Erhöht man die Temperatur eines Lösemittels, lässt sich darin – bis zu einer bestimmten Konzentration – mehr von dem jeweiligen Stoff lösen. Verwendet man statt des Wassers allerdings ein Desinfektionsmittel, werden zwar ebenfalls Lipide aus der Haut gelöst, doch nachdem das Desinfektionsmittel verdunstet ist, bleiben die Lipide auf der Haut zurück. Das nennt man rückfettend. Im Vergleich zum Händewaschen ist das Händedesinfizieren also besser. Es sei denn, die Hände sind verdreckt, dann würde es sich natürlich empfehlen, Wasser zu verwenden.
Magensaftresistentes ASS 100 (Protect) soll sich nicht im Magen auflösen. Das klappt auch, wenn man sie nüchtern einnimmt, denn nüchtern ist der pH-Wert des Magens niedrig – die Tablette löst sich nicht auf. Nahrung erhöht aber den pH-Wert und die Tablette löst sich dann doch im Magen auf. Also merke: Der pH-Wert des Magens ist sauer, aber Nahrungszufuhr lässt ihn ansteigen.
Magensaftresistente Tabletten haben einen Überzug, der dafür sorgt, dass sich die Tabletten nicht bei niedrigen pH-Werten im Magen, sondern erst bei höheren pH-Werten im Darm auflösen. Wird allerdings der pH-Wert im Magen durch Nahrungszufuhr erhöht, lösen sich die Tabletten bereits im Magen auf.
Wird niedrig dosiertes ASS über das Blut aufgenommen, hemmt es die Thrombozytenaggregation. Die Blutplättchen können sich nicht zusammenlagern und dadurch keine Gefäße verstopfen. Die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles wird reduziert. Aber: ASS sorgt auch in niedriger Dosierung dafür, dass die Produktion des schützenden Magenschleims reduziert wird und somit die Säuresekretion zunimmt. Diese Effekte treten bei der Einnahme „normaler” ASS-100-Tabletten genauso auf wie bei der Einnahme magensaftresistenter Tabletten.
Der Unterschied ist, dass nicht magensaftresistente ASS-100-Tabletten bereits im Magen zerfallen und die Magenschleimhaut zusätzlich lokal schädigen (Ion-Trapping), was bei der magensaftresistenten Variante entfällt. Magensaftresistente ASS-100-Tabletten sind also nicht magenfreundlich, sondern nur magenfreundlicher als die normalen ASS-100-Tabletten.
Aus der Kategorie „Das hat mir noch nie jemand gesagt“: Wenn eine Tablette dreimal am Tag genommen werden soll, heißt das NICHT morgens, mittags, abends (z. B. 8 Uhr, 12 Uhr, 20 Uhr) sondern alle 8 Stunden (z. B. 8 Uhr, 16 Uhr, 24 Uhr). Das wird leider oft beim Verschreiben der Medikamente nicht ausreichend erklärt.
Denn wenn man eine Tablette schluckt, wird der Wirkstoff freigesetzt und in der Regel über den Dünndarm ins Blut aufgenommen. Man möchte eine möglichst gleichbleibende Konzentration des Wirkstoffes im Blut haben und nicht schwankende Plasmaspiegel erreichen. Ein Arzneimittel, das dreimal am Tag eingenommen werden muss, sollte daher möglichst im gleichen Abstand genommen werden. Viermal täglich heißt dementsprechend alle sechs Stunden und zweimal täglich alle zwölf.
Bei bestimmten Arzneimitteln darf man keine Grapefruit essen, weil dadurch die Wirkung verstärkt wird. Beispiele: Simvastatin, Atorvastatin, Amlodipin, Nifedipin, Sildenafil ... und ja, Orangen sind ok!
Warum? Ein Inhaltsstoff der Grapefruit namens Naringin hemmt CYP3A4-Enzyme, die für den Abbau mancher Arzneimittel verantwortlich sind. Das führt dazu, dass die Konzentrationen dieser Arzneimittel dann im Plasma erhöht sind. Es kommt zur Verstärkung der Wirkung und auch der Nebenwirkungen. Während diese Arzneimittel eingenommen werden, sollte komplett auf den Genuss von Grapefruit und Grapefruitprodukten verzichtet werden. Ein zeitlicher Abstand ist nicht ausreichend.
Am Beispiel von Simvastatin: Wird Simvastatin eingenommen und Grapefruit konsumiert, kann das zu einer Rhabdomyolyse führen – ein Auflösen der quergestreiften Muskelfasern. Das freigesetzte Myoglobin aus dem Muskel kann über ein Verstopfen der Nierenkörperchen zu einem akuten Nierenversagen führen und damit schlimmstenfalls zum Tod.
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