Können Corona-Schnelltests bald PCR-Tests ersetzten und Labore entlasten? Schwierig, denn nur jede zweite Infektion wird bei asymptomatisch Infizierten erkannt. Das zeigen aktuelle Ergebnisse des Cochrane Reviews.
Ein aktualisierter Cochrane Review gibt einen Überblick über die Zuverlässigkeit von Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2. Er bestätigt auf vergrößerter Evidenzbasis die wichtigsten Aussagen des Vorgänger-Reviews von 2021. Antigen-Schnelltest besitzen demnach nur bei Personen mit potentiellen Symptomen von COVID-19 ausreichende Sensitivität: Sie erkennen dabei rund drei Viertel der tatsächlich Infizierten korrekt. Bei symptomlosen Personen mit einer SARS-CoV-2-Infektion erkennen sie hingegen nur jede zweite Infektion.
Für Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 gelten – wie für alle diagnostischen Tests – vor allem zwei Qualitäts-Maßstäbe: Sensitivität und Spezifität. Je näher diese beiden Faktoren an 100 % liegen, desto genauer ist der Test. Sie sind jedoch keine festen Werte. Sie variieren vielmehr aufgrund von Unterschieden in den untersuchten Bevölkerungsgruppen, der Art der Durchführung der Tests oder der Art und Weise, wie das Vorhandensein der Krankheit, unabhängig vom untersuchten Test, bestätigt wird.
Die Ergebnisse von Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 sind am zuverlässigsten, wenn man Personen mit potentiellen Covid-Symptomen in der ersten Woche der Erkrankung testet. Die Tests liefern auch dann recht zuverlässige Ergebnisse, wenn die Getesteten zuvor mit einer nachweislich infizierten Person in Kontakt waren. Personen mit negativem Testergebnis können dennoch infiziert sein (falsch negativ). Bei symptomlosen Personen sind Antigen-Schnelltests im Allgemeinen wesentlich weniger zuverlässig. Die Genauigkeit der Antigen-Schnelltests variiert zwischen den Tests verschiedener Hersteller – und für viele im Handel erhältliche Tests gibt es keine ausreichende Evidenz.
Die Autoren wollten wissen, ob die im Handel erhältlichen Antigen-Schnelltests genau genug sind, um eine COVID-19-Infektion zuverlässig zu diagnostizieren, und wie sich die Genauigkeit bei Menschen mit und ohne Symptome unterscheidet.
Der Review basiert auf Studien, die die Ergebnisse von kommerziell hergestellten Antigen-Schnelltests mit denen eines PCR-Tests auf SARS-CoV-2 verglichen. Die Tests wurden im Krankenhaus, in einem öffentlichen Testzentrum oder Zuhause durchgeführt. In den eingeschlossenen Studien konnten Personen mit oder ohne Symptome getestet werden. Die Ergebnisse des Reviews basieren auf 152 Studien, in denen insgesamt 100.462 Nasen- oder Rachenproben untersucht wurden; in 16.822 dieser Proben wurde COVID-19 bestätigt. In den Studien wurden 49 verschiedene Antigentests untersucht.
Sensitivität: Bei Personen mit einer durch PCR bestätigten SARS-CoV-2-Infektion erkannten Antigentests die Infektion bei durchschnittlich 73 % der Personen mit Symptomen korrekt. Die Tests waren am genauesten, wenn sie in der ersten Woche nach Beginn der Symptome eingesetzt wurden (durchschnittlich 82 % der bestätigten Fälle hatten dann auch positive Antigentests). Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Viruslast in den ersten Tagen der Erkrankung am größten ist. Bei Personen ohne Symptome lag die Sensitivität nur bei 55 %. Etwas bessere Werte lieferten die Tests für symptomlose Personen, die Kontakt zu anderen Infizierten gehabt hatten: Durchschnittlich 64 % der mit PCR bestätigten Fälle hatten hier auch einen positiven Antigentest.
Spezifität: Für Personen, die laut PCR tatsächlich nicht mit SARS-CoV-2 infiziert waren, zeigten mehr als 99 % der Antigentests dies auch korrekt an, unabhängig vom Vorhandensein von Symptomen.
Variabilität der Tests: Tests verschiedener Marken waren unterschiedlich genau. Die zusammenfassenden Ergebnisse (kombiniert aus mehr als einer Studie pro Testmarke) für sieben Tests entsprachen den Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Zwei weitere Tests erfüllten in je einer Studie die WHO-Norm. Kein Test erfüllte diesen Standard, wenn er bei Personen ohne Symptome ausgewertet wurde.
Bei Patienten mit Symptomen hängt die Zuverlässigkeit von der Rate der Infektionen in der Bevölkerung ab. Legt man die Ergebnisse für symptomatische Personen in der ersten Woche nach Symptombeginn zugrunde und wendet sie auf eine hypothetische Gruppe von 1.000 Personen mit Symptomen an, von denen 50 (5 %) tatsächlich COVID-19 haben, so ergeben sich folgende Zahlen:
Bei Personen ohne Symptome dürfte die Zahl der bestätigten Fälle viel geringer sein. Legt man die Review-Ergebnisse für Personen ohne bekannte Exposition gegenüber COVID-19 in einer größeren Population von 10.000 Personen ohne Symptome zugrunde, von denen 50 (0,5 %) tatsächlich COVID-19 haben, so ergeben sich folgende Zahlen:
Bei Menschen mit Symptomen sind also einige Antigen-Schnelltests genau genug, um PCR-Tests zu ersetzen, vor allem wenn es darum geht, das Vorliegen einer Infektion festzustellen. Wenn PCR zur Verfügung steht, könnten Antigen-Schnelltests auch dazu verwendet werden, die Personen mit Symptomen auszuwählen, die weitere Tests mit PCR benötigen, wodurch die Belastung der Labordienste verringert würde. Antigen-Schnelltests sind weniger gut geeignet, um eine Infektion bei symptomatischen Personen auszuschließen – Personen, die ein negatives Ergebnis eines Antigen-Schnelltests erhalten, können dennoch infiziert sein.
Antigen-Schnelltests sind weniger genau bei Personen, die keine Symptome von COVID-19 aufweisen. Es bedarf weiterer Evidenz über die Zuverlässigkeit von Schnelltests bei symptomlosen Personen und darüber, inwieweit wiederholtes Testen einer Person die Zuverlässigkeit erhöhen kann. Für viele der kommerziell erhältlichen Testmarken gibt es keine unabhängige Evidenz. Es sind mehr direkte Vergleiche verschiedener Testmarken erforderlich, wobei sich die Tester an die Anweisungen der Hersteller halten sollten – dies war nicht in allen Studien der Fall.
Diese dritte Aktualisierung des Reviews umfasst Studienergebnisse, die bis zum 8. März 2021 veröffentlicht wurden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung von Cochrane Deutschland. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Eran Menashri, unsplash