Osteomyelitiden sind hartnäckig. Erkenntnisse, wie der Erreger Staphylococcus aureus der Nahrungsknappheit im Knochen trotzt und sich dort vor dem menschlichen Immunsystem schützt, liefern wichtige Ansätze für den Kampf gegen die Knochenmarksentzündungen.
Die Osteomyelitis ist eine schwer zu bekämpfende bakterielle Erkrankung. „Erste Symptome sind meist lediglich Fieber und ein allgemeines Schwächegefühl, die nach einiger Zeit abklingen“, sagt Prof. Eva Medina, Leiterin der Arbeitsgruppe Infektionsimmunologie am HZI. „Allerdings wird die Krankheit oft chronisch und bricht erneut aus. Das kann schlimme Folgen haben, wie beispielsweise Verformungen des Knochens oder ein zunehmendes Risiko für Knochenbrüche.“ Vor allem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder einer anderen chronischen Erkrankung, wie beispielsweise Diabetes, sind dabei gefährdet. Die chronische Erkrankung zu vermeiden ist schwierig, da das Bakterium innerhalb des Knochens vor Antibiotika und anderen Medikamenten gut geschützt ist und so nur schwer bekämpft werden kann. Zudem schützt sich der Keim vor dem menschlichen Abwehrsystem und hat eine Möglichkeit entwickelt, innerhalb der Knochen zu überleben, obwohl es dort kaum Nahrung für ihn gibt. Wie dem Keim das gelingt und wo die Unterschiede zwischen akuter und chronischer Infektionsphase liegen, konnten Medina und ihre Kollegen nun erstmals im lebenden Organismus zeigen. „Während der chronischen Phase fährt der Keim seinen Stoffwechsel runter, da anders als während der akuten Phase nicht genügend Nahrung vorhanden ist. Er schläft sozusagen ein und überlebt nur noch, anstatt sich zu vermehren“, sagt Medina. „Dadurch übersteht er den im Knochen herrschenden Nahrungsmangel und überlebt langfristig unter diesen Bedingungen.“ Außerdem konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass der Keim während der Knocheninfektion vermehrt Proteasen produziert. „Dass diese Enzyme verstärkt produziert werden, deutet darauf hin, dass Staphylococcus aureus seine Nahrung direkt aus dem Knochen gewinnt. Er frisst den Knochen sozusagen von innen auf“, sagt Medina. Das Resultat sind Verformungen und poröse Knochen, die leicht brechen können.
Die Wissenschaftler konnten auch einen zweiten Mechanismus entschlüsseln, der den Bakterien das Überleben im Knochen ermöglicht. „Der Keim produziert nach der Infektion verstärkt Toxine, die neutrophile Granulozyten abtöten“, sagt Medina. Staphylococcus aureus versteckt sich also nicht vor dem menschlichen Immunsystem, sondern bekämpft dessen Abwehrmechanismen aktiv. „Jetzt wo wir die Überlebensmechanismen des Erregers im Knochen kennen, können wir gezielt Strategien entwickeln, wie wir die Mechanismen unterbrechen oder unterbinden“, sagt Medina. „Langfristig ist das ein sehr wichtiger Schritt, um Knochenmarksentzündungen künftig besser bekämpfen zu können“. Originalpublikation: High-resolution transcriptomic analysis of the adaptive response of Staphylococcus aureus during acute and chronic phases of osteomyelitis Eva Medina et al.; mBio, doi: 10.1128/mBio.01775-14; 2014