Ein junger Mann kommt mit Kurzatmigkeit, Engegefühl der Brust und retrosternalen Schmerzen zu seinem Hausarzt. Dieser vermutet eine Myokarditis und weist ihn ins Krankenhaus ein. Doch dort ergibt sich ein ganz anderer Verdacht.
Ein 34-jähriger Mann stellt sich mit Rückenschmerzen, Kurzatmigkeit, Engegefühl der Brust, retrosternalen Schmerzen und Schwindelgefühlen beim Hausarzt vor. Die Beschwerden bestehen seit etwa einem Tag, nachdem er sich leicht angestrengt hatte. Seine medizinische Vorgeschichte ist - bis auf einige Rippenbrüche, die er sich vor 3 Jahren bei einem Fahrradunfall zugezogen hatte - unauffällig, ebenso wie die Familienanamnese. Der Mann ist als Krankenpfleger in der ambulanten Palliativversorgung tätig und betreibt in seiner Freizeit Krafttraining als Leistungssport. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit wird er regelmäßig auf Infektionskrankheiten untersucht, wobei alle Untersuchungen in der näheren Vergangenheit negativ ausfielen. Trotz seiner ausgiebigen sportlichen Aktivität, hat der Mann vom 21. bis zum 31. Lebensjahr täglich 20 Zigaretten geraucht. Vor drei Jahren war er dann auf eine E-Zigarette umgestiegen. Damit inhaliert er tagsüber regelmäßig tief und langsam.
Bei der körperlichen Untersuchung ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine chronische Lungenerkrankung, die neurologische Untersuchung ist ebenfalls unauffällig. Der Hausarzt misst eine Herzfrequenz von 72bpm, einen Blutdruck von 143/91 mmHg, eine periphere Sauerstoffsättigung von 98 % und eine Atemfrequenz von 15/min. Doch das EKG des jungen Mannes liefert Anzeichen auf eine Myokarditis. Daher weist er den 34-Jährigen ins Krankenhaus ein. Zwei Stunden später kommt der Mann mit einer zunehmenden Tachypnoe bei 24 Atemzügen pro Minute in die Notaufnahme. Unter Sauerstoffgabe normalisiert sich seine Atemfrequenz zunächst. Auch hier zeigen sich im EKG Veränderungen in V3-V5, die auf eine Myokarditis hindeuten.
Könnten diese die retrosternalen Schmerzen und das Engegefühl erklären? In der weiteren körperlichen Untersuchung erheben die Ärzte bei der Auskultation einen alarmierenden Befund: Auf der rechten Seite des Brustkorbes können sie keine Atemgeräusche feststellen und die Perkussion ergibt tympanitische Brustgeräusche. Zudem klagt der Patient plötzlich über akute Schmerzen in der Brust.
Da nun der Verdacht auf einen Pneumothorax im Raum steht, lassen die Ärzte umgehend Röntgenaufnahmen anfertigen. Darauf bestätigt sich diese Diagnose und es zeigt sich zudem ein kleiner Pleuraerguss rechts.
Sofort legen die Ärzte eine Thoraxdrainage, worunter sich die Schmerzen des Mannes schnell bessern, und auch das EKG normalisiert sich. Auf anschließend angefertigten CT-Aufnahmen zeigt sich zwar, eine beidseitig aufgeblähte Lunge, apikal ist rechtsseitig jedoch ein kleiner Pneumothorax verblieben. Die Ärzte besprechen die weiteren therapeutischen Möglichkeiten mit dem Patienten und entfernen anschließend die Thoraxdrainage. Bei einer Nachuntersuchung eine Woche später äußert der Patient dann den Wunsch nach einer Bullae-Resektion, um einem erneuten Pneumothorax vorzubeugen. Er unterzieht sich wenig später einer videoassistierten thorakoskopischen Operation (VATS) zur Resektion der apikalen Bullae und einer partiellen apikalen Pleurektomie. Der postoperative Verlauf ist ereignislos, sodass der junge Mann schon bald wieder entlassen werden kann. Das Rauchen hat er jedoch sowohl während der Behandlung als auch danach nicht aufgegeben.
Die Ärzte vermuten, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Spontanpneumothorax als Folge des E-Zigaretten-Konsums handelt. Maßgeblich für die Entstehung waren bereits vorhandene emphysematöse Bullae, die auf CT-Aufnahmen des 34-Jährigen sichtbar waren und auch histologisch nachgewiesen werden konnten. Insgesamt sind bislang erst wenige Pneumothorax-Fälle im Zusammenhang mit Vaping in der Literatur beschrieben. Daher ist auch der genaue Kausalzusammenhang noch ungeklärt. Ein entscheidender Risikofaktor scheint aber - so die Autoren - die individuelle Inhalationstechnik zu sein.
Text- und Bildquelle: Borchert et al. / BMJ Case Reports
Bildquelle: Unsplash / Corina Rainer