Patienten mit akuter Nierenschädigung auf der Intensivstation haben ein hohes Sterberisiko. Ein neuer Score soll alte Vorhersagemethoden ablösen, um die Entscheidungsfindung am Krankenbett zu erleichtern.
Eine akute Nierenschädigung (ANV) tritt häufig bei kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation auf. Betroffene haben ein sehr hohes Mobiditäts- und Mortalitätsrisiko.
Forscher entwickelten nun ein klinisches Modell, um Sterblichkeit und Genesung nach einer ANV besser einzuschätzen und die Entscheidungsfindung am Krankenbett zu erleichtern. Die multizentrische Studie wurde kürzlich im American Journal of Kidney Diseases veröffentlicht und beschreibt die Entwicklung und Validierung des Modells.
Insgesamt wurden 9.500 intensivpflichtige erwachsene Patienten in die Studie eingeschlossen, die bereits in den ersten drei Tagen ihres Aufenthalts eine ANV entwickelten. Als primärer Endpunkt wurde die Krankenhausmortalität festgelegt, als zweiter Endpunkt wurden schwerwiegende unerwünschte Nierenereignisse erfasst. Eingeschlossen wurde eine Kombination aus Tod, Abhängigkeit von einer Nierenersatztherapie und einem Abfall der eGFR um ≥50 % gegenüber dem Ausgangswert bis zu 120 Tage nach der Krankenhausentlassung.
Das Modell schloss 15 Merkmale mit ein und übertraf sogar den SOFA-Score bei der Vorhersage der Krankenhaussterblichkeit: AUC von 0,79 (95 % KI: 0,79–0,80) vs. 0,71 (95 % KI: 0,71–0,71) in der Entwicklungskohorte und AUC von 0,74 (95 % KI: 0,73–0,74) vs. 0,71 (95 % KI: 0,71–0,71) in der Validierungskohorte.
Ein weiteres Modell mit nur 14 Merkmalen übertraf hingegen die KDIGO-Leitlinie zur Schweregradeinteilung bei der Vorhersage von schwerwiegenden unerwünschten Nierenereignissen: AUC von 0,78 (95 % KI: 0,78–0,78) vs. 0,66 (95 % KI: 0,66–0,66) in der Entwicklungskohorte und AUC von 0,73 (95 % KI: 0,72–0,74) vs. 0,67 (95 % KI: 0,67–0,67) in der Validierungskohorte.
Als Limitierungen merken die Forscher an, dass ihre Modelle nur bei kritisch kranken Patienten mit ANV in den ersten drei Tagen auf der Intensivstation angewandt werden kann.
„Die berichteten klinischen Modelle zeigten eine bessere Leistung bei der Vorhersage der Sterblichkeit und der Nierenerholung im Vergleich zu Standardbewertungsprogrammen, die üblicherweise bei diesen Patienten eingesetzt werden“, schreiben die Autoren zu ihren Ergebnissen. Allerdings seien noch weitere Validierungen nötig, um den Nutzen und die Umsetzung dieser Modelle zu unterstützen.
Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Bildquelle: Volodymyr Hryshchenko, unsplash