Rund 107 von 100.000 Kindern haben neuesten Studien zufolge Knorpelschäden am Kniegelenk. Je länger die Symptome anhalten, desto schlechter wird das Behandlungsergebnis. Wie Knorpelchips Abhilfe verschaffen.
„Bei Kindern wird sowieso wieder alles gut.“ Aufgrund dieses Trugschlusses werden viele Knorpelschäden bei Kindern nicht oder zu spät behandelt. Dabei können unbehandelte Knorpelschäden Jahre später zu Arthrose und prognostisch mit 40 Jahren schon zu einer Knieprothese führen.
Aktuellen Studien zufolge haben rund 107 von 100.000 Kindern Knorpelschäden am Kniegelenk. Die Hauptursachen sind Unfälle im Sport und in der Bewegung. Häufig zum Beispiel im Fußball, wenn Kinder sehr jung in Leistungsligen gesteckt werden und für den Stand ihrer momentanen körperlichen Entwicklung zu intensiv trainieren.
Weiterhin gibt es Kniescheibenverrenkungen, wenn die knöcherne Rinne des Knies zu flach angelegt ist oder aber die Kniescheibe zu hoch steht. Die Kniescheibe kann dann beim Hocken und Umdrehen herausspringen. Durch diese Verrenkung können schwere Knorpel- und sogar Knorpel-Knochenverletzungen entstehen.
Was bei kindlichen Knorpelschäden zu tun ist, darüber berichtet Dr. Klaus Ruhnau, Vorstand des Qualitätskreis Knorpel-Repair und Gelenkerhalt (QKG). „Die Ursache dieser Schäden muss immer mitbehandelt werden. Das sind aber zum Teil komplexe Behandlungsverfahren. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig einen Spezialisten aufzusuchen. Denn die Symptomdauer ist gleichzeitig der Prognose-Faktor. Je länger die Symptome schon anhalten, desto schlechter kann das Behandlungsergebnis werden. Und: Auch je mehr Vorbehandlungen es schon gab, desto schlechter ist die Prognose für eine vollständige Heilung“, sagt Ruhnau.
Therapiemöglichkeiten gibt es auch für die jüngsten Patienten schon viele. Dabei steht die konservative Therapie, soweit sinnvoll, immer an erster Stelle. Eine in aller Regel 6-wöchige Entlastung, danach Belastungsvermeidung mit adäquater Krankengymnastik und regelmäßiger Erfolgskontrolle gehören dazu. Bei kleinen Knorpeldefekten und noch offenen Wachstumsfugen sowie einem frühen Grad der Schädigung sind dabei sehr gute Ergebnisse zu erwarten.
Ist der Schaden größer, oder liegt eine Osteochondrosis dissecans – eine Knorpel-Knochenerkrankung im fortgeschritteneren Stadium – vor, muss operativ therapiert werden. „Bei der Osteochondrosis dissecans, für die es mehrere Ursachen gibt, entsteht der Schaden immer erst amKnochen, ehe er auf den Knorpel übergeht“, so Ruhnau. Häufig liegt gleichzeitig ein Vitamin-D-Mangel vor, der unbedingt abgeklärt werden muss.
Operativ kommen neben Knochenanbohrung mit dünnen Drähten als Mikrofrakturierung light, der Einsatz eines Knorpel-Knochenzylinders, die Fixation mit Schrauben bei Knorpel-Knochenläsionen oder eine Knorpeltransplantation infrage.
Letztere ist ein aufwändiges zweizeitiges Verfahren (zwei Operationen), das bei Defekten ab 2 cm eingesetzt wird. Bei der ersten Operation wird Knorpel aus einer unbelasteten Region entnommen und im Labor vermehrt. In einer zweiten Operation wird der gezüchtete Knorpel in den Defekt eingesetzt. Mit dieser Technik erzielt man selbst bei großen Defekten sehr gute Langzeitergebnisse. Die Knorpeltransplantation ist inzwischen für Kinder mit geschlossenen Wachstumsfugen zugelassen und bei offenen Wachstumsfugen in besonderen Fällen einsetzbar.
Auch eine Knorpeltherapie mit kleinsten Knorpelchips, das sogenannte Minced Cartilage, ist ein vielversprechendes Verfahren. Hier wird sogar nur eine OP benötigt. Allerdings gibt es zu dieser Methode noch keine gute Studienlage. Entscheidend für jeglichen Behandlungserfolg ist die frühzeitige korrekte Diagnosestellung eines Knorpelschadens und die kind- und stadiengerechte Therapie – falls nötig mit gleichzeitiger Behandlung der Begleiterkrankungen.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin.
Bildquelle: Alliance Football Club, unsplash