Nach langem Tauziehen galt die Substitutionsausschlussliste quasi über Nacht. Apotheker warfen Politikern vor, ihre Sinne gegenüber der Realität zu verschließen. Der unparteiische Vorsitzende des G-BA war darüber mehr als verwundert. Der Knackpunkt liegt jedoch an anderer Stelle.
Am 9. Dezember 2014 erschienen im Bundesanzeiger lang erwartete Änderungen zur Arzneimittel-Richtlinie. Sie trat am nächsten Tag in Kraft. Dahinter stecken Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18. September, besser bekannt als „Substitutionsausschlussliste“. Betroffen sind Betaacetyldigoxin (Tabletten), Ciclosporin (Lösung zum Einnehmen und Weichkapseln), Digoxin (Tabletten), Digitoxin (Tabletten), Levothyroxin-Natrium (Tabletten), Levothyroxin-Natrium plus Kaliumiodid (fixe Kombination), Phenytoin (Tabletten) sowie Tacrolimus (Hartkapseln).
Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände warnte vor Rezepten mit einem dieser Wirkstoffe ohne weitere Angaben. Hier handele es sich um „unklare Verordnungen“, und der Patient müsse Rücksprache mit seiner Praxis halten. Damit nicht genug: Verordnet ein Arzt Präparate korrekt über den Herstellernamen plus Wirkstoff oder über den Handelsnamen, haben Apotheker keine Option mehr, pharmazeutische Bedenken gemäß Paragraph 17 Absatz 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geltend zu machen. Übergangsfristen sah die Bundesregierung nicht vor, und so wurden alle Regelungen umgehend gültig. In vielen Fällen hinkte auch die Apothekensoftware hinterher. Das DeutscheApothekenPortal (DAP) hat deshalb eine PZN-Liste veröffentlicht.
Jetzt äußerte sich Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, zu den Vorwürfen: „Die Kritik der Apothekerschaft ist für mich nicht nachvollziehbar, geht an den Tatsachen vorbei und verunsichert ohne Not Patientinnen und Patienten.“ Besagte Substitutionsausschlussliste sei „keine überraschend verabschiedete Neuregelung, die für niemanden im Vorfeld zu erahnen war“. Für Apotheker sei zu erkennen gewesen, dass eine solche Zusammenstellung erfolgen werde. Über die Beschlussfassung hätten Fachmedien berichtet, und Apotheker seien im Vorfeld über Stellungnahmeverfahren und mündliche Anhörungen beteiligt gewesen. Hecken weiter: „Mit Blick auf den Verfahrensverlauf und diese überaus ansehnlichen Zeitspannen ist der Ruf nach einer Vorbereitungszeit für die Umsetzung kaum nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als dass die Apotheker vor der gesetzlichen Beauftragung des G-BA eine nicht unerhebliche Zeit – wenn auch erfolglos – selbst mit der Erstellung einer Substitutionsausschlussliste betraut waren.“
Mit seiner Kritik schießt Hecken weit am Ziel vorbei. Vom Deutschen Apothekerverband (DAV) kam ursprünglich eine Zusammenstellung mit Arzneistoffen. Als Verhandlungspartner blockierte der GKV-Spitzenverband jeglichen Konsens – und machte aus seiner Einstellung, das Procedere lieber an den G-BA zu übertragen, keinen Hehl. Apotheker sind momentan nur berechtigt, in diesem Gremium Stellungnahmen abzugeben. Seit Jahren diskutieren sie kontrovers, ob eine G-BA-Mitgliedschaft Sinn machen würde.