Ein mutiertes Protein ist der Verursacher der Chorea Huntington. Forscher entschlüsselten nun, wie körpereigene Proteinfaltungshelfer dieses in Schach halten können.
Chorea Huntington ist eine neurodegenerative Erbkrankheit, die durch eine Mutation im Protein Huntingtin verursacht wird. Sie ist nicht therapierbar, führt zu kognitiven und motorischen Beeinträchtigungen und schließlich zum Tod (lest hier mehr dazu). Wissenschaftler haben nun die Struktur des mutierten Proteins modelliert und einen Mechanismus untersucht, durch den der Körper dieses selektiv erkennen kann. Ihre Forschungsergebnisse wurden in Nature Communications veröffentlicht.
„Wir haben einen Mechanismus aufgeklärt, mit dem sogenannte körpereigene Proteinfaltungshelfer das mutierte Huntingtinprotein in Schach halten“, erklärt die Projektleiterin und Professorin Janine Kirstein der Universität Bremen. Proteinfaltungshelfer ermöglichen, dass Proteine ihre richtige Struktur einnehmen und bewahren, um ihre vielfältigen Funktionen ausüben zu können.
Das Bild zeigt humane Zellen, die fluoreszenz-markiertes mutiertes Huntingtin herstellen. Mutiertes Huntingtin neigt zur Anhäufung, die pathologisch ist und durch Punkte sichtbar wird. Credit: Yasmin Richter.
Drei der Proteinfaltungshelfer kannten die Forscher bereits. Was sie aber noch nicht wussten: Wie sieht die Bindung mit dem mutierten Huntingtinprotein genau aus? Welcher der drei Faltungshelfer erkennt das mutierte Protein und wie sieht die Bindung aus? „Dies konnten wir nun mit der Methode ‚Crosslinking-Massenspektrometrie‘ identifizieren“, sagt die Biochemikerin. Mit dem Verfahren lassen sich Proteinwechselwirkungen exakt bestimmen. Zu einem Verständnis der Bindung war es allerdings noch ein weiter Weg. „Erst durch Modellierungen konnten wir die Interaktion zwischen Proteinfaltungshelfer und mutiertem Huntingtin besser verstehen.“
Diese Modellierungen entstanden in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Ingenieuren der Produktionstechnik der Universität Bremen. „Die Ingenieur:innen haben für uns die Bindung zwischen den Proteinfaltungshelfern und dem mutierten Huntingtinprotein am Computer simuliert, und wir konnten die Modellierungen dann wiederum in unserem Labor experimentell mit gereinigten Proteinen und in Zellkulturen validieren“, erläutert Kirstein.
Eine weitere Hürde war die bisher unbekannte Struktur des mutierten Huntingtinproteins. Hier konnten die Kooperationspartner Martin Kulke und Josh Vermaas der Michigan State University in den USA aushelfen, die eine Struktur postulierten, mit dem die Modellierungen am Computer durchgeführt werden konnten.
„Mit dieser Arbeit ist es uns gelungen, den Mechanismus zu verstehen, wie ein Proteinfaltungshelfer ein mutiertes krankheits-assoziiertes Protein selektiv erkennt und unschädlich macht. Dies allein ist für eine therapeutische Anwendung noch nicht ausreichend“, so Kirstein. „Aber man kann auf diesen Ergebnissen aufbauen und Strategien entwickeln, diese körpereigenen Faltungshelfer gezielt zu induzieren oder zu stabilisieren, um so die Toxizität von mutiertem Huntingtin zu unterdrücken.“
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Universität Bremen. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Masaaki Komori, unsplash