Das Schwalbenschwanz-Zeichen auf MRT-Bildern wird oft zur Parkinson-Diagnose herangezogen. Eine Studie zeigt jetzt: Die Anatomie, die es abbilden soll, ist gar nicht korrekt.
Bei Parkinson sterben dopaminproduzierende Nervenzellen in der Substantia Nigra im Mittelhirn ab, was bei den Betroffenen zu Bewegungsstörungen wie Verlangsamungen, steifen Muskeln und Zittern führt. Besonders stark und früh sind die Nervenzellen im Nigrosom 1 innerhalb der Substantia Nigra betroffen.
Bei gesunden Menschen erkennt man im MRT-Bild eine signalreiche längliche Struktur, die vorne und an den Seiten von signalarmen Arealen umgeben ist. Diese besondere Form erinnert an einen Schwalbenschwanz, daher spricht man auch vom Schwalbenschwanz-Zeichen (engl. Swallow tail sign). Dieses befindet sich im hinteren Drittel der Substantia nigra und entspricht nach gängiger Lehrmeinung Nigrosom 1.
Nach der Interpretation des Zeichens führt das Absterben der Neuronen Nigrosom 1 bei Parkinson-Betroffenen dazu, dass das Schwalbenschwanz-Zeichen schließlich nicht mehr erkennbar ist. Ist das der Fall, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Parkinson-Erkrankung vor.Mit hochaufgelöster MRT-Bildgebung ist die Abbildung des sogenannten Schwalbenschwanzzeichens möglich, welches sich im hinteren Drittel der Substantia nigra befindet und nach gängiger Lehrmeinung Nigrosom 1 entspricht. Credit: MPI CBS
„Jenes MRT-Zeichen, das sogenannte Schwalbenschwanz-Zeichen, schließt zwar einen Teil der anatomischen Region ‚Nigrosom 1‘ ein, sieht aber ganz anders aus“, erklärt Neurophysiker Malte Brammerloh, Erstautor der Studie, die nun in der Zeitschrift Radiology veröffentlicht wurde. „Das ist für den klinischen Bereich relevant, weil die Identifikation ‚Schwalbenschwanz Zeichen entspricht Nigrosom 1‘ zur Lehrmeinung geworden ist und revidiert werden sollte“, so Malte Brammerloh weiter.
Brammerloh und seine Kollegen haben mikroskopische 3D-Untersuchungen von menschlichen Gehirnen nach dem Tod mit MRT-Technik kombiniert, um zu zeigen, dass Nigrosom 1 und das radiologische Schwalbenschwanz-Zeichen sich nur teilweise überlappen und in der Tat sehr unterschiedlich sind.
Die Wissenschaftler plädieren daher dafür, das Schwalbenschwanz-Zeichen nicht mit der Region Nigrosom 1 gleichzusetzen. Dies erlaubt eine Neuinterpretation des diagnostischen Schwalbenschwanz-Zeichens und eröffnet gleichzeitig neue Wege zur spezifischen Nigrosombildgebung. Brammerloh: „Wir glauben, dass man mit diesem neuen Wissen besser versteht, wie Anatomie und MRT-Kontraste zusammenhängen und wie neue MRT-Marker für die frühe Diagnose von Parkinson entwickelt werden können.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bidlquelle: Photoholgic, unsplash