Was hat die Menopause mit kardiovaskulären Ereignissen zu tun? Eine ganze Menge – und trotzdem wird in europäischen Leitlinien nichts davon erwähnt. Warum eine frühe Menopause gefährlich werden kann, lest ihr hier.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Frauen in Europa. Neben den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren spielen aber auch frauenspezifische sowie bestehende kardiovaskuläre Effekte eine Rolle.
Es ist bekannt, dass Östrogene grundsätzlich zahlreiche kardioprotektive Effekte zeigen. Mit Beginn der Menopause geht dieser protektive Effekt verloren und das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung steigt an. Studien konnten bereits im Jahr 2016 zeigen, dass auch der Zeitpunkt der Menopause einen entscheidenden Einfluss auf das Risiko einer Herzerkrankung hat. Frauen, deren Wechseljahre früh oder vorzeitig einsetzen, sind laut der Metaanalyse mit 32 Studien und mehr als 50.000 Teilnehmerinnen einem erhöhten kardiovaskulären Risiko ausgesetzt.
In den publizierten Daten hatten Frauen, die zu Beginn ihrer Menopause unter 45 Jahre alt waren, ein um 50 % höheres relatives Risiko an einer koronaren Herzerkrankung zu leiden, als zu diesem Zeitpunkt ältere Frauen. Das Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben, war um 19 % erhöht; die Gesamtmortalität lag um 12 % höher. Frauen mit einem Beginn der Wechseljahre zwischen dem 50. und 54. Lebensjahr wiesen ein um 13 % geringeres kardiovaskuläres Risiko auf als Frauen, deren Menopausenbeginn zwischen dem 45. und 49. Lebensjahr lag. Aktuell erschienene Studien gingen der Frage nach, ob ein früher Beginn der Menopause nicht nur das Risiko einer koronaren Herzerkrankung erhöht, sondern auch das Auftreten von Vorhofflimmern oder Herzinsuffizienz beeinflusst.
Die Studie wertete über 1,4 Millionen Versichertendaten von Frauen aus, die sich in der Postmenopause befanden und im Jahr 2009 in Südkorea einen Gesundheitscheck hatten durchführen lassen. Der Nachverfolgungszeitraum der Frauen betrug im Schnitt 9,2 Jahre. Die Angaben zum Beginn der Menopause wurden zu den dokumentierten Krankenhauseinweisungen oder Arztbesuchen wegen einer Erstdiagnose, Herzinsuffizienz oder Vorhofflimmern in Beziehung gesetzt.
In einer multivariablen Regressionsanalyse konnte dabei ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Einsetzen der Wechseljahre und dem Risiko für die Entwicklung von Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern gezeigt werden. Dieser Zusammenhang bestand auch nach Adjustierung auf die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren.
Frauen, deren Menopause vor dem 40. Lebensjahr begann, hatten ein um 33 % höheres relatives Risiko für das Auftreten einer Herzinsuffizienz, als Frauen, mit einem späteren Begin der Wechseljahre (Hazard Ratio, HR: 1,33; p ˂ 0,001). Das Vorhofflimmern-Risiko war bei frühem bzw. vorzeitigen Menopausen-Beginn um 9 % erhöht (HR: 1,09; p= 0,008). Es bestand ein Trend der zeigte, dass das Risiko umso höher war, je früher die Menopause einsetzte. Eine Hormonersatztherapie zeigte keinen Effekt auf die beschriebene Risikoerhöhung für Vorhofflimmern oder Herzinsuffizienz.
In einem Editorial wurde für die beobachtete Risikoerhöhung allerdings nicht allein die nachlassende Östrogenproduktion bei Einsetzen der Wechseljahre verantwortlich gemacht. Ihre Annahme begründen die Wissenschaftler mit der Tatsache, dass in der aktuellen Studie die Einnahme einer Hormonersatztherapie keinen Einfluss auf die beschriebene Risikoerhöhung für Vorhofflimmern oder Herzinsuffizienz hatte.
Neben dem bekannten Einfluss von Östrogen könnte, ihrer Einschätzung nach, die Reduktion der Ovarialfunktion eine Rolle spielen, weil diese unter anderem mit einer Erhöhung von bestimmten Entzündungsmarkern verbunden ist. Eine vaskuläre Inflammation könnte eventuell die Entwicklung einer koronaren mikrovaskulären Dysfunktion und dadurch die Entstehung einer Herzinsuffizienz begünstigen, so die Autoren.
Die Wissenschaftler erhoffen sich, dass aus den aktuellen Studienergebnissen zukünftig neue Therapiestrategien zur Prävention von Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern bei Frauen entwickelt werden könnten.
Für den klinischen Alltag können die Studienergebnisse möglicherweise bedeuten, dass bei Frauen neben der Abfrage der klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren auch eine gynäkologische Anamnese erfolgen sollte. In den Leitlinien wird dieser Aspekt kontrovers behandelt. Die Leitlinie der American Heart Association hat einen vorzeitigen Beginn der Wechseljahre (vor dem 40. Lebensjahr) als „Risk Enhancer“ für atherosklerotische Erkrankungen aufgeführt – in den europäischen Leitlinien fehlt ein solcher Hinweis. Auch in den konventionellen Risikokalkulatoren wird der Beginn der Wechseljahre bisher nicht berücksichtigt.
Bildquelle: Naomi August, unsplash.