Die Beurteilung der Dicke eines Melanoms ist selbst für erfahrene Dermatologen schwierig. Kann künstliche Intelligenz hier weiterhelfen?
Bei der Diagnose von Melanomen beurteilen Dermatologen, ob es sich um eine aggressive Form (invasives Melanom) handelt, bei der die Krebszellen in die Lederhaut einwachsen und die Gefahr besteht, dass sie sich auf andere Körperteile ausbreiten, oder um eine mildere Form (Melanoma in situ, MIS). Diese entwickelt sich nur in der äußeren Hautschicht, der Epidermis. Invasive Melanome, die tiefer als einen Millimeter in die Haut einwachsen, gelten als dick und damit als aggressiver.
Die Diagnose eines Melanoms ist oft relativ einfach, aber die Einschätzung seiner Dicke ist eine viel größere Herausforderung. „Die Dicke liefert nicht nur wertvolle prognostische Informationen, sondern kann sich auch auf die Wahl der chirurgischen Ränder für die erste Operation auswirken und darauf, wie schnell diese durchgeführt werden muss“, sagt Sam Polesie, außerordentlicher Professor für Dermatologie und Venerologie an der Sahlgrenska Academy, Universität Göteborg. Polesie ist auch Dermatologe am Sahlgrenska University Hospital und Erstautor der Studie.
Mithilfe einer Webplattform bewerteten 438 internationale Dermatologen fast 1.500 mit einem Dermatoskop aufgenommene Melanombilder. Die Ergebnisse der Dermatologen wurden dann mit denen eines maschinellen Lernalgorithmus verglichen, der für die Klassifizierung der Melanomtiefe trainiert wurde.
Bei den Dermatologen lag die Gesamtgenauigkeit bei 63 % für die korrekte Klassifizierung von MIS und bei 71 % für die Klassifizierung von invasiven Melanomen. „Interessanterweise hatten der berufliche Hintergrund und die Erfahrung in der Dermatoskopie keinen Einfluss auf die diagnostische Genauigkeit bei der Vorhersage der Melanomdicke. Die Fläche unter der Kurve (AUC), ein Maß für die Leistung betrug 0,83 für den vortrainierten Algorithmus für maschinelles Lernen und 0,85 für die kombinierte AUC der einzelnen Dermatologen. Insgesamt war die Bewertung der Dermatologen gleich gut wie die eines Algorithmus, der für die Unterscheidung von MIS und invasiven Melanomen trainiert wurde“, sagt Polesie.
Künstliche Intelligenz (KI) macht große Sprünge in der Gesundheitsfürsorge. Es wird erwartet, dass sich diese Technologie insbesondere als Unterstützung für die medizinische Bildgebung entwickeln kann – also für Ärzte, die Bilder wie Röntgenaufnahmen, Bilder der Netzhaut und Hautveränderungen beurteilen und interpretieren. Die Technologie ist auch in anderen Bereichen als der Bilderkennung anwendbar.
„Unsere Studie zeigt, wie schwierig es ist, die Melanomdicke anhand von dermatoskopischen Bildern richtig zu beurteilen“, fügt Polesie hinzu. „In künftigen Studien wollen wir die Nützlichkeit vordefinierter dermatoskopischer Strukturen für die Unterscheidung von Melanomen untersuchen. Außerdem wollen wir testen, ob die klinische Entscheidungsfindung in dieser Situation durch maschinelle Lernalgorithmen verbessert werden kann.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Schwedischen Forschungsrats. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Allec Gomes, unsplash