Bei einer Entbindung per Kaiserschnitt bleibt der Tonus der Scheide erhalten. Heißt das dann auch, dass sich so sexuelle Funktionsstörungen im Nachgang einer Geburt vermeiden lassen? Eine aktuelle Studie konnte diese Annahme nicht bestätigen.
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass das sexuelle Vergnügen in den Jahren nach der Geburt nicht von der Art der Entbindung abhängt. Die in der Fachzeitschrift BJOG veröffentlichte Studie wurde von Forschern der Universität Bristol und des Karolinska Institutet in Schweden geleitet und stützte sich auf Daten von „Children of the 90s“ – einer Längsschnittstudie mit über 14.000 Personen.
In der Studie wurde untersucht, ob ein Kaiserschnitt im Vergleich zu einer vaginalen Entbindung das sexuelle Wohlbefinden aufrechterhält, da das Risiko von Rissen geringer ist und der Tonus der Scheide erhalten bleibt. Die Ergebnisse früherer Studien deuten darauf hin, dass sich die sexuellen Ergebnisse von Frauen, die einen Kaiserschnitt oder eine vaginale Entbindung hatten, bis sechs Monate nach der Geburt kaum unterscheiden. Es gab jedoch nur wenige Studien, die sich mit der langfristigen Zeit nach der Geburt befassten.
Diese aktuelle Studie untersuchte nun den Zusammenhang zwischen der Art der Entbindung und dem sexuellen Wohlbefinden, einschließlich sexuellem Vergnügen, sexueller Häufigkeit und sexbezogenen Schmerzen, zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Geburt.
Die Forscher untersuchten Frauen in verschiedenen Entbindungsgruppen bis zu 18 Jahre nach der Geburt und fanden dabei keinen Unterschied zwischen Kaiserschnitt und vaginaler Entbindung in Bezug auf sexuelles Vergnügen oder Häufigkeit zu irgendeinem postpartalen Zeitpunkt. Es zeigte sich jedoch, dass Frauen, die per Kaiserschnitt entbunden hatten, 11 Jahre nach der Geburt häufiger über Schmerzen beim Sex berichteten, insbesondere über Schmerzen in der Vagina.
Die Studie hatte jedoch keinen Zugang zu Messdaten über sexuelle Schmerzen der einzelnen Mütter vor der Geburt. Dementsprechend ist nicht bekannt, ob ein Kaiserschnitt nun sexuelle Schmerzen verursacht – wie die Ergebnisse vermuten lassen – oder ob vorgeburtliche sexuelle Schmerzen sowohl den Kaiserschnitt, als auch postnatale sexuelle Schmerzen vorhersagen.
Flo Martin, Doktorandin in Epidemiologie an der medizinischen Fakultät der University of Bristol und Hauptautorin der Studie, sagte: „Die Kaiserschnittrate ist in den letzten 20 Jahren aufgrund vieler Faktoren gestiegen, und es wird vermutet, dass ein Kaiserschnitt das sexuelle Wohlbefinden im Vergleich zu einer vaginalen Entbindung erhält. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass eine ganze Reihe von mütterlichen und fötalen Ergebnissen nach einem Kaiserschnitt untersucht werden, einschließlich des sexuellen Wohlbefindens, um die Entscheidungsfindung sowohl vor als auch nach der Geburt angemessen zu unterstützen.“
„Diese Studie liefert sowohl werdenden Müttern als auch Frauen, die bereits entbunden haben, wirklich wichtige Informationen und zeigt, dass es zu keinem Zeitpunkt nach der Geburt einen Unterschied in der sexuellen Befriedigung oder der sexuellen Häufigkeit gibt zwischen Frauen, die per Kaiserschnitt entbunden haben, und solchen, die vaginal entbunden haben. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass ein Kaiserschnitt möglicherweise nicht vor sexuellen Funktionsstörungen schützt, wie bisher angenommen wurde, da mehr als 10 Jahre nach der Geburt sexuell bedingte Schmerzen bei Frauen, die per Kaiserschnitt entbunden hatten, häufiger auftraten.“
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der University of Bristol. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Bruno van der Kraan, unsplash