Bei der Endometriose handelt es sich nicht nur um ein Problem für Gynäkologen: Die weit verbreitete Krankheit erhöht auch das Risiko für Schlaganfälle, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Dass es sich bei der Endometriose um weitaus mehr als „nur“ eine Erkrankung des Uterus handelt, sollte mittlerweile jedem Arzt bekannt sein. Vielmehr wird deutlich, dass es sich dabei um eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung handelt (wir berichteten), mit mannigfaltigen Auswirkungen – zum Beispiel auch auf die kardiovaskuläre Gesundheit. So konnten Studien bei Patientinnen mit Endometriose bereits ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und Hypercholesterinämie feststellen. Auch die Behandlungen für die Krankheit können sich nachteilig auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken, dazu gehören Hormonbehandlungen, Hysterektomien und Oophorektomien. Da ist es also kein Wunder, dass die Endometriose ebenso mit dem Schlaganfall-Risiko assoziiert ist: Taiwanesische Forscher fanden bei der Auswertung von Krankenkassendaten beispielsweise ein um 16 % erhöhtes Risiko bei Patientinnen mit Endometriose. Was allerdings bislang fehlte, waren Studien mit einem längeren Follow-Up.
Eine Auswertung der Nurses Health Study II liefert dazu nun neue Hinweise. Für die fortlaufende prospektive Kohortenstudie wurden im Jahr 1989 US-amerikanische Krankenschwestern im Alter von 25 bis 42 Jahren rekrutiert. Seitdem gaben die Probandinnen per Fragebogen alle 2 Jahre Auskünfte zu verschiedenen allgemeinen Gesundheitsmerkmalen wie BMI, körperlichem Aktivitätslevel und Medikamenteneinnahme, sowie ihrer Krankheitsgeschichte. Ebenfalls erhoben wurden Alter bei Menarche und Menopause, Regelmäßigkeit und Länge des Zyklus, Unfruchtbarkeit und Schwangerschaften. Ausgeschlossen wurden Probandinnen, die zu Studienbeginn bereits einen Schlaganfall oder Myokardinfarkt erlitten hatten, an Krebs erkrankt waren oder einen Koronararterienbypass bekommen hatten. Auch diejenigen Patientinnen, deren Endometriose nicht per Laparoskopie bestätigt wurde, wurden ausgeschlossen.
Insgesamt kam man so auf 112.056 Teilnehmerinnen, wovon 5.244 eine laparoskopisch bestätigte Endometriose hatten. Im Vergleich zu ihrer Kontrollgruppe fiel auf, dass die betroffenen Frauen häufiger einen frühe Menarche und irreguläre Zyklen hatten. Ebenso hatten sie häufiger Probleme mit Unfruchtbarkeit, nutzen häufiger hormonelle Verhütung und waren (dementsprechend wenig überraschend) seltener schwanger. Ebenso fiel auf, dass diese Frauen in ihrem familiären Umfeld häufiger von Schlaganfällen und Herzinfarkten berichteten. In Lebensstilfaktoren wie körperlicher Aktivität, Alkoholkonsum und Diätqualität ergab sich kein Unterschied zwischen den Gruppen.
Aus dem insgesamt 28-jährigen Beobachtungszeitraum ergab sich so ein Follow-Up von insgesamt 2.770.152 Personenjahren, in denen 893 Schlaganfälle verzeichnet wurden – zwischen hämorrhagisch und ischämisch wurde dabei nicht unterschieden. In den um Risikofaktoren adjustierten Modellen zeigte sich dabei: Die Frauen mit Endometriose waren häufiger betroffen. Ihr Schlaganfallrisiko war 34 % höher als das der Vergleichsgruppe ohne Endometriose (HR 1.34; 95% CI 1,10 – 1,62). Dabei untersuchten die Forscher auch, inwieweit sich die Assoziation in Teilen auf bestimmte Ereignisse zurückführen ließ, die während des Beobachtungszeitraums eintraten. Sie verglichen dazu den HR mit und ohne diese Mediatoren. So identifizierten sie Hysterektomien, bzw. Oophorektomien als einen maßgeblichen Treiber der Assoziation (39 %). Weitere Mediatoren waren die postmenopausale Hormontherapie (15,5 %), früheinsetzende Menopause (12,3 %) Bluthochdruck (8,4 %) und hohe Cholesterinwerte (4,9%). Die Assoziation bestand dabei aber unabhängig von bekannten initialen Risikofaktoren wie BMI, Rauchstatus und Hypercholesterinämie.
Wie die Autoren erläutern, gibt es mehrere denkbare Mechanismen, wodurch Endometriose und Schlaganfälle miteinander verknüpft sein könnten. Einerseits könnte die inflammatorische Natur der Krankheit – sowohl lokal wie auch systemisch – das CVD-Risiko in die Höhe treiben: Studien konnten bereits zeigen, dass bei Endometriose-Patientinnen die Werte verschiedener Entzündungsmarker, wie beispielsweise IL-1, erhöht sind, die mit dem Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis in Verbindung gebracht werden.
Weiterhin unterziehen sich Patientinnen mit Endometriose häufiger Hysterektomien bzw. Oophorektomien als gesunde Patientinnen. Auch hier gibt es Hinweise darauf, dass sich diese Operationen negativ auf das kardiovaskuläre Risiko auswirken. Eine Oophorektomie ist auch in der Lage, ein frühzeitiges Einsetzen der Menopause zu induzieren – was ebenfalls mit einem höheren CVD-Risiko in Verbindung gebracht wurde.
Ein Problem der Studie liegt natürlich darin, dass in der gesunden Kontrollgruppe durchaus Frauen gewesen sein könnten, die zwar an Endometriose litten, aber nie eine Diagnose bekommen hatten – bei der Krankheit nicht unbedingt ungewöhnlich. Die Forscher selbst gehen dabei aber von einer niedrigen Quote aus, die nur einen geringen Einfluss auf die Ergebnisse haben sollte. Sie schätzen: „Ihre Merkmale werden unter den ≈ 80.000 tatsächlich nicht exponierten Frauen abgeschwächt.“
Wie so oft handelt es sich lediglich um eine Beobachtungstudie und daher kann eine Kausalität zwischen Endometriose und Schlaganfall nicht belegt werden. Wie das Beispiel der Hysterektomien verdeutlicht, könnten anstelle oder zusätzlich zur Krankheit auch die benötigten Therapien das Schlaganfall-Risiko erhöhen. Da nicht zu allen möglichen Behandlungen Informationen vorlagen, konnte dieser Faktor auch nicht in der Auswertung berücksichtigt werden.
Zu guter Letzt handelte es sich bei der Kohorte nicht um eine zufällige Auswahl an Frauen – die Ergebnisse sind daher nicht zwingend generalisierbar. Die Studienautoren kommentieren: „Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich die in dieser Kohorte beobachteten biologischen Zusammenhänge von denen der Frauen im Allgemeinen unterscheiden.“ Sie sehen auch einen Vorteil im medizinischen Hintergrund der Probandinnen, da dies es ermögliche, valide und qualitativ hochwertige Daten zu erheben und mögliche Verunreinigungen durch sozioökonomische Faktoren zu verringern.
Nichtsdestotrotz bleibt die letztendliche Schlussfolgerung valide: Ärzte, die das kardiovaskuläre Risiko einer Patientin evaluieren, sollten dabei unabhängig von ihrer Fachrichtung immer auch eine Endometriose-Diagnose im Blick behalten.
Bildquelle: Micah Tindell, unsplash.