Die Inflation und die langjährige Nullzinspolitik haben Versorgungswerken der Apothekerschaft schwer zugesetzt. Sollten junge Kollegen trotz langsam ansteigender Zinsen besser nur das Minimum investieren?
Zwar neigt sich die Phase der Niedrigzinsen ihrem Ende entgegen. Doch Apotheker haben – gemessen an der Kaufkraft und der Inflation – im Ruhestand immer weniger Geld in der Tasche. Steigerungen von 5,35 Prozent (West) und 6,12 Prozent (Ost, beide zum 1. Juli 2022) in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sind eine hohe Messlatte – und die Panik beim Berufsstand wächst. Also nichts wie weg aus dem Versorgungswerk?
Ganz so einfach ist die Sache jedoch nicht, denn alle Pflichtmitglieder einer Apothekerkammer sind gleichzeitig Pflichtmitglieder im zuständigen Versorgungswerk. Angestellte Apotheker und Pharmazeuten im Praktikum müssen auch Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung abführen, haben jedoch die Möglichkeit, sich davon befreien zu lassen – oder in der GRV zu bleiben und das Versorgungswerk nur noch mit Mindestbeiträgen zu füttern. Selbständige hingegen zahlen ihre Beiträge nur an das Versorgungswerk.
Beide Systeme der Absicherung im Alter arbeiten nach gänzlich unterschiedlichen Mechanismen. Die GRV arbeitet nach dem Umlageprinzip: Jüngere zahlen für Ältere ein. Sinkt die Geburtenrate bei steigender Lebenserwartung, sind Probleme programmiert.
Versorgungswerke hingegen investieren Gelder aus Beiträgen und leiten gegebenenfalls einen Teil davon an Rentner. Doch Kapitalerträge fallen in Zeiten des Niedrigzinses geringer denn je aus. Hinzu kommt: Jedes Versorgungswerk hat eine individuelle Satzung; die Konditionen in der GRV sind für Versicherte jedoch gleich. Nur sind bei der GRV Steigerungen von zuletzt 5,35 Prozent bzw. 6,12 Prozent nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Im letzten Jahrzehnt waren es durchschnittlich 1,83 Prozent (West) bzw. 2,54 Prozent (Ost). Und schon schneiden Versorgungswerke etwas besser ab.
Auf externe Einflüsse reagieren beide Systeme recht unterschiedlich. Während die gesetzliche Rentenversicherung Beiträge erhöht, die Lebensarbeitszeit verlängert oder auf staatliche Zuschüsse hofft, bleiben den Versorgungswerken andere Spielräume. Sie können beispielsweise Anleihen gegen Sachwerte austauschen. Investitionen in Immobilien, in die Infrastruktur, in Energieanlagen oder auch Private Equity (privates Beteiligungskapital) haben neben Aktienfonds in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Nur kann es Jahre dauern, das neue Portfolio aufzubauen.
Erst nach einiger Zeit sind die Effekte sichtbar. Sie werden in Zeiten des Niedrigzinses aber nur Teile des Verlusts kompensieren. Hinzu kommen strenge Satzungsvorgaben: Versorgungswerke dürfen nicht überall investieren.
Ein weiteres Problem: Versorgungswerke können sich von Anlageprofis beraten lassen. In den Vorständen selbst sitzen jedoch Heilberufler – und denen fehlt oft die nötige Expertise. Will heißen: Sie vertrauen Portfolio-Strategien blind.
Doch beim Vergleich sollten nicht nur die Renten selbst berücksichtigt werden. Grenzen für den Hinzuverdienst – wie bei der GRV – kennen Versorgungswerke nicht. Und auch beim früheren Rentenbezug können Approbierte ohne Abzüge weiterarbeiten.
Bleibt als Fazit: Beide Systeme, die gesetzliche Rentenversicherung und die Versorgungswerke, müssen auf Inflationen, Wirtschaftskrisen und auf die demographische Entwicklung reagieren. Dabei scheinen Versorgungswerke als rein berufsständische Form immer noch die bessere Alternative mit weniger staatlichen Eingriffsmöglichkeiten zu sein. Setzen wir auf etwas Zeit.
Bildquelle: Matt Bennett, Unsplash