Die Diskussion um medizinisches Cannabis ist um eine Datenquelle reicher: Eine US-Studie schlüsselt auf, welche Patienten welche Produkte bevorzugen. In der Dosierung zeigte sich dabei eine deutliche Variabilität.
Es mangelt an öffentlich zugänglichen Daten, welche medizinischen Cannabisprodukte Patienten für ihre verschiedenen Erkrankungen verwenden – dieses Wissen stützte sich bislang hauptsächlich auf Umfragen. In einer aktuellen Studie haben Forscher der University of Southern California (USC) nun zumindest für die USA ein klareres Bild erstellt, indem sie Daten von fast 17.000 Patienten analysierten, die im Rahmen des medizinischen Cannabisprogramms des Staates New York mehr als 80.000 Käufe tätigten. Dabei fanden die Forscher beträchtliche Unterschiede bei den Produkten, die für die meisten Erkrankungen ausgewählt wurden und eine hohe Variabilität bei den angegebenen THC-Dosen.
„Obwohl der Markt für medizinisches Cannabis nicht neu ist, gibt es noch relativ wenig Forschung über das Kaufverhalten der Patienten“, erklärt Alexandra Kritikos, Postdoktorandin am USC Schaeffer Center und dem USC Institute for Addiction Science. „Unsere Analyse deutet leider darauf hin, dass die Patienten möglicherweise keine konsistente Beratung durch Ärzte und Apotheker erhalten und dass es in vielen Krankheitsbereichen an klaren klinischen Daten zur angemessenen Dosierung zu mangeln scheint.“
Die Ergebnisse, die in JAMA Network Open veröffentlicht wurden, stützen sich auf Käufe, die zwischen 2016 und 2019 getätigt wurden. Zu diesem Zeitpunkt konnten Inhaber einer Cannabiskarte Patronen für Verdampfer, Kapseln und Tabletten, sowie Tinkturen, Lotionen und Zäpfchen kaufen; Cannabisblüten und Esswaren durften auf dem medizinischen Markt jedoch nicht verkauft werden. Mit 150.000 Teilnehmern ist das New Yorker Programm für medizinisches Cannabis eines der größten in den USA.
Anhand von Daten aus einem integrierten System von Abgabestellen fanden die Forscher heraus, dass die drei häufigsten Erkrankungen, die Patienten auf ihrer medizinischen Karte vermerkten, chronische Schmerzen (52 %), Neuropathie (22 %) und Krebs (13 %) waren. Zusätzlich zu einer qualifizierten Erkrankung benötigten die Patienten auch ein qualifiziertes Symptom, um sich für die Benutzung von medizinischem Cannabis registrieren zu lassen. Die wichtigsten Symptome waren dabei starke Schmerzen (82 %), starke Muskelkrämpfe (21 %) und starke Übelkeit (8 %).
Vaporisatoren waren das beliebteste Produkt (40 %), gefolgt von Tinkturen (38 %) und Tabletten (22 %). Was die Potenz betrifft, so waren die meisten gekauften Produkte (52 %) Produkte mit hohem THC-Gehalt und niedrigem CBD-Gehalt. Produkte mit hohem THC-Gehalt enthielten – je nach Produkt – zwischen 2 und 10 mg THC pro Dosis.
In Anbetracht dieser Unterschiede bevorzugten die Patienten, die sich für verschiedene Produkte entschieden, vermutlich auch unterschiedliche Dosierungen. So bevorzugten beispielsweise 41 % der Patienten mit chronischen Schmerzen einen High-THC-Verdampfer, der 2 mg THC/0,1 mg CBD pro Dosis liefert, während 33 % der Patienten mit chronischen Schmerzen Tinkturen und 25 % Tabletten wählten, die beide 10 mg THC pro Dosis liefern. Bei anderen Krankheitsbildern, z. B. der Epilepsie, sieht die Verteilung wiederum anders aus.
Frühere Untersuchungen haben ergeben, dass die Zahl der medizinischen Cannabiskonsumenten in den elektronischen Krankenakten häufig zu niedrig angegeben wird. In Verbindung mit den Ergebnissen der neuen Studie des Schaeffer-Zentrums schlagen die Forscher vor, die ärztliche Beratung und Überwachung der Dosierung zu verbessern.
„Wir vermuten, dass das Fehlen klinischer Leitlinien für die Dosierung von Cannabinoiden bei bestimmten Erkrankungen dazu geführt hat, dass sich die medizinischen Leistungserbringer nicht trauen, mit ihren Patienten über deren medizinischen Cannabiskonsum zu sprechen“, sagt Rosalie Liccardo Pacula, Hauptautorin der beiden Studien. „Dies muss sich unbedingt ändern, da Wechselwirkungen mit anderen verschriebenen Medikamenten wahrscheinlich sind, aber nicht erkannt werden können, wenn der medizinische Cannabiskonsum nicht berücksichtigt oder in der Krankenakte vermerkt wird.“
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der University of Southern California. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Kimzy Nanney, unsplash