Wassergeburten gewinnen immer mehr an Popularität – viele Frauen empfinden sie als angenehmer. Doch obwohl sie auch in Studien positiv abschneidet, ist die Wassergeburt noch nicht in den Leitlinien angekommen.
Wassergeburten werden immer populärer. Das Eintauchen ins warme Wasser kurz vor der Niederkunft oder bereits zu Beginn der Wehen soll zur Entspannung und Schmerzlinderung beitragen. Die Geburt findet unter angenehmen Temperaturen von 32 bis 37 Grad statt und wird meist durch zwei Geburtshelfer überwacht, die unter anderem Herztöne des Babys sowie die Wehenaktivität der Mutter überwachen.
Allerdings gibt es eine Debatte über die Sicherheit der Wassergeburt – derzeit gibt es auch keine generelle Empfehlung aufgrund mangelnder Evidenz. Doch Forscher sind auf dem besten Wege, das zu ändern: Das BMJ veröffentlichte ein systematisches Review und eine Meta-Analyse zur Sicherheit des Eintauchens in Wasser während der Wehen und Geburt sowie mögliche Folgen. Die Analyse umfasste 36 Studien der letzten 20 Jahre mit insgesamt 157.546 Teilnehmern. Dabei fanden die Geburten sowohl in Geburtshilfestationen sowie in hebammengeführten Umgebungen oder auch gemischten Umgebungen wie etwa als Hausgeburten statt.
Das Ergebnis zu den Wassergeburten fiel im Vergleich zu herkömmlichen natürlichen Geburten insgesamt sehr positiv aus: Das Eintauchen ins Wasser reduzierte signifikant die Verwendung von Periduralanästhesie (OR: 0,17; 95 % KI: 0,05–0,56), injizierten Opioiden (OR: 0,22; 95 % KI: 0,1–0,27) und Episiotomien (OR: 0,16; 95 % KI: 0,05–0,56). Auch mütterliche Schmerzen (OR: 0,24; 95 % KI: 0,12–0,51) und postpartale Blutungen (OR: 0,69; 95 % KI: 0,51–0,95) konnten durch die Wassergeburten signifikant verringert werden.
Insgesamt waren die Frauen zunehmend zufrieden (OR: 1,95; 95 % KI: 1,28–2,96). Außerdem verzeichneten die Forscher eine Zunahme der Wahrscheinlichkeit eines intakten Perineums (OR: 1,48; 95 % KI: 1,21–1,79) während der Geburt im Wasser. Allerdings waren Wassergeburten mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Nabelschnurausriss verbunden (OR: 1,94; 95 % KI: 1,3–2,88), obwohl das absolute Risiko gering blieb (4,3 pro 1.000 vs. 1,3 pro 1.000). Bei der Auswertung zu den Folgen für die Neugeborenen konnten die Forscher keine signifikanten Unterschiede feststellen. Auch die Rate der Kaiserschnitte veränderte sich nicht bei den Wassergeburten – in den meisten Studien lag diese unter 10 %.
„Die Hauptergebnisse dieser systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse sind, dass Wehen und/oder Entbindungen im Wasser klare Vorteile für Frauen in der Geburtshilfe haben“, erklären die Autoren zu ihren Ergebnissen. „Das Eintauchen in Wasser während der Wehen und der Geburt ist zwar Low-Tech, aber ein komplexer, nuancierter Eingriff.“ Wichtig sei es, für die zukünftige Forschung Rahmenbedingungen festzulegen, von denen bereits bekannt ist, dass sie intrapartale Ergebnisse und Maßnahmen beeinflussen. Dazu gehören laut Autoren die mütterliche Parität, das Pflegemodell- und -praktiken, das Geburtssetting und eine klare Beschreibung des Geburtsbeckens.
Frau Dr. Maike Manz, Leiterin der Geburtshilfe an der Uniklinik Darmstadt, sieht die Ergebnisse des Reviews ebenfalls positiv: „Frauen, bei denen keine Kontraindikationen für eine Wassergeburt vorliegen, und die sich während der Geburtssituation im Wasser wohl fühlen – sowohl zum Entspannungsbad während der Wehentätigkeit als auch zur eigentlichen Geburt des Kindes –, profitieren von der Schmerzerleichterung der ‚Schwerelosigkeit‘ im Wasser und der interventionsarmen Umgebung.“ Die Medizinerin erklärt auf Anfrage der DocCheck News, dass das Eintauchen in Wasser während der Wehen und der Entbindung für gesunde, normalgewichtige Schwangere mit unauffälligem Schwangerschaftsverlauf, einer Einlingsgravidität und durchgehender Bezugsperson in Frage komme. Denn sowohl für Mutter und Kind gebe es keine Risiken, wenn keine Kontraindikationen bestünden, so Manz.
Der Vorteil bei einer Wassergeburt liege darin, dass weniger Interventionen zum Einsatz kommen und daher die physiologische Geburt gefördert wird, erklärt die Medizinerin. „Zudem wird von den Gebärenden i.d.R. deutlich weniger Schmerzmittel angefordert, da das warme Wasser und die relative Schwerelosigkeit eine gute analgetische Wirkung haben.“
Nachteile bestünden laut der Fachexpertin kaum, allerdings kämen Wassergeburten nicht für jede Frau in Frage – beispielweise bei Adipositas, da die Frau im Notfall nicht aus der Wanne gehoben werden könne. „Es muss auch immer eine Betreuungsperson bei der Gebärenden sein, für den Fall einer Kreislaufinstabilität, wie sie im warmen Wasser auch vorkommen kann“, erläutert Manz. Falls diese Aufgabe nicht vom werdenden Vater bzw. der Bezugsperson der Gebärenden übernommen werden kann, sei die Möglichkeit eines Entspannungsbades oder einer Wassergeburt immer an die Personalverfügbarkeit der Geburtsklinik gebunden.
Auch wenn es mittlerweile mehr positive Evidenz für Wassergeburten gibt, werden in der aktuellen S3-Leitlinie zu vaginalen termingerechten Geburten keine Empfehlungen ausgesprochen. „Gebärende sollten darüber informiert werden, dass es derzeit keine ausreichend klare Evidenz gibt, um eine Wassergeburt entweder anzuraten oder davon abzuraten“, heißt es. Dabei berufen sich die Autoren auf die letzten Aktualisierungen der NICE-Leitlinie CG 190, bei der nicht genügend hochwertige Evidenz für eine klare Empfehlung vorlag.
Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2018, das 15 Studien aus 25 Jahren umfasst, stellt ebenfalls fest, dass die Evidenz nicht ausreicht, um eine klare Schlussfolgerung über Vor- und Nachteile von Wassergeburten auszusprechen. Allerdings wurde keine der darin untersuchten Studien in einem von Hebammen geleiteten Umfeld durchgeführt. Auch die Aussagekraft des Reviews ist – ähnlich zu der aktuellen Meta-Analyse – durch die klinische Variabilität und Heterogenität der Studien begrenzt.
Manz betont, dass die Autoren der Meta-Analyse mit ihrer Arbeit eine wichtige Lücke zu Evidenzen geschlossen haben. Sie würde sich von zukünftigen Leitlinien erhoffen, dass die Arbeit von Burns et al. als „Bestätigung der Option der Wassergeburt als Tool für die Unterstützung der physiologischen Geburt“ berücksichtigt wird.
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