Verhaltensstörung durch Tabak – aber ich bin Nichtraucher! Und die Einrenkung eines nicht ausgerenkten Fußes? Was so alles auf meiner Patientenquittung steht, lässt mich schaudern.
Die Patientenquittung ist ein wichtiges Instrument der Dokumentation aller gestellten Diagnosen bei der Krankenkasse. Ein Fakt, von dem aber kaum jemand weiß: Sie ist für jeden Patienten transparent einsehbar. Warum ist das wichtig? Nun, zum Abschluss diverser Versicherungen – wie Berufsunfähigkeitsversicherung, Lebensversicherung oder Krankentagegeldversicherung – muss man als Patient sämtliche bekannte Diagnosen angeben. Aber, weiß man so ganz genau, welche Diagnosen der Krankenkasse vom Arzt vermittelt wurden? In der Regel nicht.
Im Rahmen einer zu korrigierenden Fehldiagnose habe ich privat zum ersten Mal im Leben eine Patientenquittung beantragt. Das macht man ganz einfach mit einem Anruf bei der Krankenkasse. Die Quittung wird einem dann postalisch zugesendet – sogar kostenfrei, unfassbar! So weit, so gut – und patientenfreundlich. Aber jetzt wird es interessant.
Bei mir erschien zum Beispiel die Diagnose F17.1: Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak, Schädlicher Gebrauch. Gestellt wurde sie vom Urologen. Ich rauche aber nicht. So überhaupt nicht. Aber ich erinnere mich: Im Anamnesebogen, den ich damals ausgefüllt habe, lautete die Frage: „Rauchen Sie oder haben Sie geraucht? Darauf antwortete ich wahrheitsgemäß mit ja, denn ich habe mal geraucht – aber das ist 20 Jahre her und sicher nicht kodierrelevant. Trotzdem wurde es als aktuelle Diagnose festgestellt. Das ist natürlich ärgerlich. Um das zu korrigieren, muss ein Formblatt „zur Korrektur der Diagnosen“ vom Arzt ausgefüllt werden, welches dann zur Krankenkasse geschickt wird. Die korrigiert die Diagnose – das war’s. Dann gibt es auch keine bösen Überraschungen beim Abschließen von Versicherungen und man kann mit gutem Gewissen Nichtraucher ankreuzen.
Ein anderer klassischer Fall, dieses Mal beim Orthopäden. Der Vorstellungsgrund waren Schmerzen im Fuß. Es wurde untersucht, ein Ultraschall gemacht; passte soweit alles. Aber Moment! Was sagt die Patientenquittung? Einrenkung? Hat niemals stattgefunden, ganz sicher. Eine erlösrelevante Maßnahme? Ich belasse es mal dabei, da dieser Fehler meiner Ansicht nach kein versicherungstechnisches Risiko birgt. Ein weiteres Beispiel: Der Patient ist normalgewichtig und plötzlich steht da „Adipositas Grad 2“. Hier wiederum sollte man das auf jeden Fall klarstellen. Ich habe dem Patienten geraten, einfach das entsprechende Formular vom Arzt ausfüllen zu lassen und es an die Krankenkasse zu schicken.
Interessant wird es, wenn tatsächlich Leistungen abgerechnet werden, die nicht erbracht wurden. Zum Beispiel weil an dem Tag nur eine telefonische AU ausgestellt wurde, aber trotzdem Maßnahmen am Patienten kodiert werden. Wie passiert so etwas? Vielleicht aus Schludrigkeit? Hat der Kollege nicht genau geschaut, was die Arzthelferinnen abgerechnet haben? Oder doch was ganz anderes? Der Arzt ist immerhin verantwortlich für die Richtigkeit der Abrechnung. Da sollte man wirklich drauf achten. Wie man hier vorgeht, wenn man als Patient so einen Fehler entdeckt, ist jedem selbst überlassen. Kollegen mit einer Falschabrechnung zu konfrontieren, halte ich als Ärztin für schwierig und (fremd)-beschämend.
Nach meinen Erfahrungen rate ich jedoch jedem Kassenpatienten, sich über seine bei der Krankenkasse vorliegenden Diagnosen zu informieren und bei offensichtlichen Fehlern auch, diese korrigieren zu lassen. Eigentlich sollten die Versicherungen keinen direkten Zugang zu diesen Daten haben. Oftmals fordern diese jedoch eine Schweigepflichtsentbindung bei sämtlichen Ärzten ein, bei denen man in den letzten Jahren vorstellig war – und dann beginnt die Odyssee, wenn man nicht vorgesorgt hat.
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