Apple bringt die altehrwürdige Temperaturmethode zurück – nur einfacher und genauer. Die neue Smartwatch arbeitet mit einem speziellen Messprinzip zur Bestimmung der Ovulation. Ob das funktioniert, erfahrt ihr hier.
Neues aus der Wearable-Szene: Die Apple Watch 8 erfasst nicht nur – wie zu erwarten – etliche Vitalparameter rund um die Fitness. Vielmehr verfolgt das Gadget einen speziellen Ansatz zur Messung der Körpertemperatur. Apple hat einen Sensor auf der Rückseite der Uhr integriert, um die Hauttemperatur zu bestimmen. Ein weiterer Sensor befindet sich direkt unter dem Display, um Fehler durch die Umgebungstemperatur zu korrigieren.
Quelle: Apple BlogSensoren tracken laut Hersteller die Handgelenktemperatur während des Schlafs alle fünf Sekunden. Erfasst werden Änderungen von 0,1°C. In der Health-App sehen User nächtliche Änderungen der Basistemperatur. Apple betont, Frauen könnten „rückblickend ihren Eisprung abschätzen“ – eine Möglichkeit der Familienplanung.
Die Formulierung bleibt bewusst vage, schließlich macht der Hersteller keine Angaben zum Pearl-Index. Auch sollen präzise Vorhersagen der Periode mit dem Gadget möglich sein. Darüber hinaus erhalten Frauen auf Wunsch eine Push-Nachricht, wenn ihr protokollierter Zyklusverlauf Abweichungen zeigt. Das klingt gut, aber wie ist die Datenlage?
Apple veröffentlicht bei seinem Blogbeitrag keine Quellen oder Studien. Schweizer Forscher haben aber bereits 2021 Ergebnisse einer prospektiven Studie mit 193 Zyklen von 57 gesunden Frauen veröffentlicht. Zwar kam nicht das Device von Apple zum Einsatz, sondern der Ava Fertility Tracker. Doch das Grundprinzip ist ähnlich: Auch hier misst ein Gerät während des Schlafs kontinuierlich die Hauttemperatur am Handgelenk.
In der Studie bestimmten Teilnehmerinnen nach dem Aufwachen ihre Basaltemperatur mit dem Fertilitätstracker und mit einem digitalen Thermometer (Lady-Comp). Als Referenzstandard zogen Forscher einen Test auf das Luteinisierende Hormon heran. Es triggert die Ovulation.
Dabei erwies sich die Hauttemperatur am Handgelenk prognostisch als empfindlicher im Vergleich zur Basaltemperatur (Sensitivität 0,62 versus 0,23). Außerdem war die Rate an richtigen Nachweisen der Ovulation (54,9 % versus 20,2 %) mit dem Ava Fertility Tracker höher als mit der Kontrolle. Dem stand jedoch eine höhere Rate an falsch-positiven Ergebnissen (8,8 % vs. 3,6 %) gegenüber. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Temperaturverschiebung ein Eisprung stattfand, betrug 86,2 % für die Hauttemperatur am Handgelenk und 84,8 % für die Basaltemperatur.
Wie kann das sein? Basaltemperaturen am Handgelenk und Hauttemperaturen erhöhten sich während der postovulatorischen Phase, wobei die Hauttemperatur am Handgelenk stärker anstieg (0,50°C versus 0,20°C). Während der Menstruationsphase sank die Hauttemperatur am Handgelenk stärker und schneller (von 36,13 °C auf 35,80 °C) als die Basaltemperatur (von 36,31 °C auf 36,27 °C). Im Unterschied dazu gibt es während der präovulatorischen Phase nur minimale Veränderungen beider Werte.
Zum Ava Fertility Tracker schreiben die Autoren: „Für Frauen, die ihre Chancen auf eine Schwangerschaft erhöhen wollen, ist die kontinuierlich während des Schlafs gemessene Hauttemperatur am Handgelenk zur Feststellung des Eisprungs empfindlicher als die Basaltemperatur.“ Die unterschiedliche Genauigkeit sei wahrscheinlich auf den stärkeren Temperaturanstieg in der postovulatorischen Phase und den stärkeren Temperaturabfall während der Menstruationsphase bei den Hauttemperaturen am Handgelenk zurückzuführen. Ältere Daten bestätigen dies.
Auch hier sind – wie bei Apple – keine Hinweise zu finden, welchen Wert Messungen der Hauttemperatur zur Empfängnisverhütung haben könnte. Warten wir auf weitere Daten.
Bildquelle: Kira Kira, unsplash