Tiere sind keine Ware, die man nach dem Kauf einfach zurückschicken kann. Manche Menschen schaffen sich aber genau mit dieser Erwartung ein Haustier an – und sind dann überrascht, wenn's Probleme gibt.
Es gibt eine Sache, die regt mich als Tierärztin immer wieder aufs Neue auf: Menschen legen sich Tiere zu, ohne sich vorher auch nur den leisesten Gedanken zu machen, ob dieses Tier wirklich in ihr Leben passt oder sich gar mit den Bedürfnissen des Tieres zu beschäftigen. Und dann wäre da natürlich noch die Bezugsquelle – nein, einen Hundewelpen aus einem Kofferraum oder über Ebay Kleinanzeigen zu kaufen, ist nicht seriös. Überraschung.
Zum einen haben wir das leidige Thema der Qualzuchten: Von platten Nasen über hervorstehende Augen, „niedliche“ krumme Schlappohren, exotisches haarloses Aussehen, bis hin zu besonders kleiner Körpergröße, extrem langen Rücken oder kurzen Beine … die Liste könnte endlos weitergeführt werden. All diese extremen Eigenschaften haben ihren Preis. Doch das scheint den meisten Leuten nicht bewusst zu sein. Sie haben das süße Tier mal irgendwo im Fernsehen oder auf Social Media gesehen und einfach Gefallen an seinem Aussehen gefunden.
Fast täglich kommen aber dann Tierbesitzer in die Praxis und scheinen ehrlich überrascht, dass ihr „Schnuffi“ Probleme mit seinen extremen Körpermerkmalen hat: Bulldoggen mit entzündeten Hautfalten oder verletzten Augen, Dackel mit plötzlichen Bandscheibenvorfällen, Cockerspaniel mit der dritten Otitis in diesem Sommer. Sich vor dem Kauf mal zu informieren – darauf scheinen die wenigsten zu kommen. Sind viele der Beschwerden doch quasi programmiert; zumindest sollte man das erhöhte Risiko im Kopf haben.
Mein Eindruck ist: Immer mehr Menschen sehen Haustiere als Ware, die man sich mal eben anschafft. Aber wenn sie Probleme macht, kann man sie eben nicht wie ein Kleidungsstück oder ein paar Sneakers einfach wieder zurückschicken. Puh.
Ein Mythos sind z.B. auch hypoallergene Hunde. Oft werden Rassen wie der Pudel oder aus ihm gezüchtete Misch-Rassen wie der Labradoodle oder Golden Doodle als „hypoallergen“ bezeichnet und damit auch als geeignetes Haustier für Allergiker angepriesen. Das ist aber, gelinde gesagt, Quatsch. Kein Hund, egal welcher Rasse er angehört, ist verlässlich und sicher planbar hypoallergen. Als Grund wird oft das wenige Haaren dieser Rassen genannt. Die Allergene, auf die der Mensch reagiert, befinden sich aber eben nicht nur in den Haaren, sondern auch im Speichel und anderen Körperflüssigkeiten, und das auch noch bei jedem Tier in verschiedenen Mengen. Wie sehr ein Mensch auf einen Hund allergisch reagiert, ist total individuell – und hängt sowohl vom Menschen als auch dem Hund ab.
Natürlich spielt das Verlieren von Haaren eine Rolle, denn Hunde lecken sich über das Fell und umso mehr Fell eben in der Wohnung herumfliegt, desto mehr Allergene mit ihm. Oft ist dann aber die Enttäuschung groß, wenn ein Elternteil oder das Kind dann doch allergisch auf das neue Familienmitglied reagiert. Es hätte geholfen, den neuen Mitbewohner mal auf Herz und Nieren zu prüfen und ein paar Stunden mit ihm zu verbringen, bevor man sich endgültig für ihn entscheidet. Kommt er aus einer verantwortungsvollen Quelle, sollte das auch kein Problem sein. Denn auch der vorherige Halter möchte sein Tier ja in guten und vor allem langfristigen Händen wissen.
Ich würde mir wünschen, dass Menschen schon bevor sie sich ein Tier zulegen, Informationen bei einem Tierarzt einholen. Das scheint vielen unüblich – und ist auch ganz und gar nicht etabliert. Ich finde das aber schade. Denn wir könnten zukünftige Tierhalter gründlich beraten: Welches Tier muss wie gehalten werden? Welche Rasse passt zur Familie und ihrem Alltag? Welche Erstuntersuchungen stehen dann an? Mit welchen Kosten muss ich rechnen und wie sollte ich mein Tier füttern und Pflegen, um Krankheiten möglichst vorzubeugen?
Zu all dem könnten wir zukünftige Tierhalter bestens informieren. Damit sie hinterher nicht bei uns in der Praxis stehen und sagen: „Wenn ich das gewusst hätte …“
Bildquelle: Ani Adigyozalyan, unsplash