Ich kläre unerbittlich über Homöopathie und ihre (Nicht)-Wirkung auf. Als klar wurde, dass Prince Charles nun zum König gekrönt wird, bekam ich ein mulmiges Gefühl. Wird er zum König der Schwurbler?
Auf meinem Twitteraccount bekomme ich jedes Mal ekelhafte Kommentare, wenn ich einen Tweet poste, der an die Vernunft im Umgang mit Corona appelliert. Natürlich denken diese Kommentarschreiber genauso wie ich, dass sie die Vernünftigen und deshalb im Recht sind. Nur habe ich eben die Fakten auf meiner Seite. Aber was für uns Naturwissenschaftler Fakten sind, sind für sie oft nur Lügen.
Dasselbe Phänomen gibt es bei der Homöopathie. Für jeden, der wenigstens ein bisschen in der Lage ist, wissenschaftlich zu denken, ist klar, dass sie keine Wirkung hat, die über den Placeboeffekt hinausgeht. Für die Anhänger der Pseudomedizin bedeutet dieser Fakt jedoch nichts anderes, als dass die Pharmafirmen die sanfte Homöopathie unterdrücken wollen –weil sie damit kein Geld verdienen können. Lustig, wenn man bedenkt, was für Margen die Pharmafirmen an der ach so natürlich und ganzheitlich wirkenden Homöopathie verdienen. Wie man es dreht und wendet: Homöopathie wirkt nicht natürlich, sie wirkt natürlich nicht.
Ich teile Menschen, die Homöopathie anwenden, in zwei Gruppen ein: Die, die es nicht besser wissen und die, die alles besser wissen. Für die erste Gruppe besteht Hoffnung. Sie kann man möglicherweise noch mit Aufklärung erreichen. Bei der zweiten Gruppe kann man sich das sparen. Warum auch Fachleute, die es eigentlich besser wissen sollten, zur letzteren Gruppe gehören, wird mir für immer ein Rätsel bleiben. Verstehen sie den Placeboeffekt einfach nicht, den sie der Homöopathie als Wirkung zuschreiben?
Als Queen Elizabeth starb und Prince Charles zu King Charles wurde, kam mir recht schnell der Gedanke, dass Edzard Ernst nun seine Biografie „Charles, the Alternative Prince: An Unauthorized Biography”, die ich leider noch nicht gelesen habe, nun wohl umbenennen muss. Edzard Ernst ist nicht nur Arzt, sondern war auch der erste und einzige Lehrstuhlinhaber für Komplementär- und Alternativmedizin. Allerdings nicht in Deutschland, sondern im Vereinigten Königreich. Genauer: In England an der University of Exeter, wo er die Pseudomedizin nach wissenschaftlichen Kriterien untersuchte.
Anfangs fand Prince Charles noch Interesse an Ernsts Forschung. Als aber klar wurde, dass die Ergebnisse der Studien nicht in das verschwurbelte Weltbild von Charles passten, kam es zu Konflikten. Charles beschwerte sich über Edzard Ernst bei der Universität – er habe angeblich Interna ausgeplaudert, worauf ein Untersuchungsverfahren eingeleitet wurde, das die Vorwürfe nicht bestätigen konnte. Seine Abteilung wurde letztendlich dadurch zerstört, er ging in Frührente und die Personen, die seinen „Weggang betrieben hatten, wurden dann in den Adelsstand erhoben.”
Über den jetzigen König sagt Edzard Ernst in einem Spiegel-Interview: „Prinz Charles war nicht nur in Großbritannien, sondern weltweit jahrzehntelang der einflussreichste Fürsprecher für Alternativmedizin. Die wissenschaftlichen Studienergebnisse zu den verschiedenen Heilverfahren, die oft zeigten, dass eine alternative Heilmethode wirkungslos oder sogar gefährlich ist, haben ihn dabei überhaupt nicht interessiert. Generell war ihm die Wissenschaft egal. Er hat sogar selbst gesagt, er sei stolz darauf, als Feind der Aufklärung beschimpft zu werden. Diese Wissenschaftsfeindlichkeit zieht sich wie ein Leitmotiv durch sein Denken und Leben.“
Er erzählt weiter: „Egal wie enttäuschend oder sogar alarmierend meine Studienergebnisse oder die von Kollegen ausfielen, blieb er der festen Überzeugung, dass Alternativmedizin gute Medizin sei, viel besser als die Schulmedizin, für die Charles bei vielen Gelegenheiten abschätzige Worte fand. [Charles] ist zwar auch von der Homöopathie überzeugt und behandelt sogar die Kühe auf seinem Anwesen Highgrove mit Globuli. Aber darüber hinaus ist er auch Anhänger vieler anderer alternativmedizinischer Methoden, von Ayurveda, Akupunktur und Osteopathie bis hin zur Puls- und Irisdiagnostik. [...] Ich finde es auffällig, dass Charles sich nicht diejenigen alternativmedizinischen Verfahren herausgesucht hat, für deren Wirksamkeit es wissenschaftliche Belege gibt – denn davon gibt es einige. [...] Seine Auswahlkriterien sind bizarr unwissenschaftlich.”
Ich halte es für ziemlich bedenklich, dass Charles jetzt König ist und damit sehr viel mehr Macht hat als zuvor. Gerade jetzt während der Pandemie, wo die Wissenschaftsfeinde nur so aus allen Löchern gekrochen kommen und lautstark und aggressiv ihre Meinung meinen kundtun zu müssen. Da muss ich unweigerlich an Donald Trump denken, der auch die schrägsten Vögel angezogen hat, die ihn aufgrund seiner Denkweise auf ein Podest stellen. Ich hoffe sehr, dass sich das mit King Charles nicht wiederholt und er nicht schon bald auch zum König der Schwurbler gekrönt wird.
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