Chronische Wunden, also im allgemeinen Wunden, die über mehr als 8 Wochen nicht abheilen, stellen ein langfristiges und schwerwiegendes Problem dar. Nach dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) gibt es in Deutschland etwa 2,7 Millionen Menschen mit chronischen Wunden, wobei diese am häufigsten bei Ulcus cruris, diabetischem Fuß, arterieller Verschlusskrankheit und Dekubitus auftreten.1
Die Betroffenen leiden an einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität, gleichzeitig wird das Gesundheitssystem aufgrund der monate- bis jahrelangen Behandlungsdauer mit Kosten in Milliardenhöhe belastet. Zukünftige Kostensteigerungen sind wahrscheinlich, da chronische Wunden vermehrt in höherem Alter auftreten und so aufgrund der demografischen Entwicklung mit einer erhöhten Prävalenz zu rechnen ist.2, 3
Bei einer Analyse der Medical Economics Research Group (MERG), München, über die Kostenverteilung bei der Therapie des Ulcus cruris fiel mit 55 % vor allem die Wundbehandlung ins Gewicht, gefolgt von 19 % für Verbände.3 In einer Studie der PMV (Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung Köln) lagen bei 86 % der Patient:innen Verordnungen für Verbandstoffe vor.2
Aufgrund der komplexen Vorgänge der Wundheilung und Wundbehandlung ist es schwer, eine realistische, objektive und vollständige Kostenermittlung durchzuführen. Nach Ansicht des Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) ließen sich die Kosten einer Wundtherapie durch moderne Wundversorgung erheblich reduzieren. Dazu kämen noch eingesparte Folgekosten durch weniger Medikamentation, Krankenhausaufenthalte, Amputationen usw.5
Der von den Krankenkassen gegebenenfalls geforderte Nachweis einer wirtschaftlichen Behandlung und Verordnung ist differenziert zu betrachten. Modellkalkulationen beziehen sich häufig auf Stückpreise von Wundauflagen – eine Vorgehensweise, die der Komplexität einer Wundbehandlung bezogen auf ihre Kosteneffektivität kaum gerecht wird. Hier bietet es sich für eine realistische Kostenermittlung an, den Behandlungsverlauf in die Einzelmaßnahmen zu zerteilen, die aufgrund der Wundart und Wundsituation, dem Allgemeinzustand der Patient:innen und den sonstigen Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls notwendig werden.3
Ein innovativer Therapieansatz mit hydroaktiven Wundauflagen reduziert nachweislich Kosten, da sich die Anzahl an Verbandwechseln pro Behandlungstag reduziert und oftmals ein schnellerer Abschluss der Behandlung erreicht wird. Dies gleiche den Mehraufwand für die Materialkosten der modernen Wundauflagen mehr als aus.3 Der BVMed geht von einer um 52 % verbesserten Heilungschance bei der Verwendung von hydroaktiven Wundauflagen anstelle der trockenen Wundversorgung aus.5
Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss von monetär nicht quantifizierbaren Faktoren auf ein gutes Wundheilungsergebnis. Eine schlechte Compliance der Patient:innen resultiert in einem schlechteren Behandlungsergebnis und damit zusätzlichen Kosten, genau wie unzureichende Diagnostik und ständig wechselnde Behandlungsmethoden.2
Der langwierige Heilungsprozess chronischer Wunden fördert Polypragmasie. Ein fehlendes durchgängiges Behandlungskonzept in der Praxis kann enorme Verzögerungen der Wundheilung verursachen. So werden die Behandlungskosten auch durch die Erfahrung der behandelnden Ärzt:innen und des pflegerischen Fachpersonals mit der Behandlung von chronischen Wunden bestimmt.2
Erste Anlaufstelle bei eventuell nicht verheilenden Wunden ist die Hausarztpraxis. Regional existieren Wundzentren oder Wundambulanzen, teilweise auch in den Ambulanzen der Krankenhäuser angesiedelt. In Deutschland gibt es über 40 regionale Wundnetze, die im Zusammenschluss verschiedener Fachdisziplinen und Berufe ein spezialisiertes Angebot für Patient:innen mit chronischen Wunden aufgebaut haben.5
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