Rapsöl ist vielleicht gar nicht so gesund wie bisher vermutet. Forscher zeigen im Mausmodell, dass Rapsöl negative Effekte auf die Pathogenese der Alzheimer-Demenz hat. Olivenöl scheint hingegen protektiv zu wirken. Rapsöl-Produzenten kritisieren die Studie vehement.
„Rapsöl [...] ist reich an ungesättigten Fettsäuren und weist zudem ein besonders günstiges Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren auf“, erfahren Verbraucher auf gesundheit.de. „Deswegen gilt Rapsöl als äußerst gesund.“ Eine neue Studie von Elisabetta Lauretti und Domenico Praticò nährt jedoch Zweifel an diesen Aussagen. Beide Forscher arbeiten an der Lewis Katz School of Medicine, Temple University, in Philadelphia.
Lauretti und Pratico wollten wissen, welchen Effekt die längerfristige, tägliche Aufnahme von Rapsöl auf Mäuse mit der Alzheimer-Krankheit hat. Die Tiere erhielten sechs Monate lang entweder normales Futter oder eine mit Rapsöl angereicherte Spezialdiät. Das Rapsöl führte zu einem signifikanten Anstieg des Körpergewichts und zur Beeinträchtigungen des Arbeitsgedächtnisses. Das Team untersuchte zudem auch diverse Biomarker. Typischerweise sind intrazelluläre Aggregate des Tau-Proteins sowie extrazelluläre Beta-Amyloid-Plaques zu finden. Verglichen mit der Kontrollgruppe verringerte sich der Spiegel an postsynaptischem Dichteproteins 95 (PSD-95), einem Marker der synaptischen Integrität. Außerdem nahm das Verhältnis von Beta-Amyloid 42/40 zu. Dieser Laborparameter ist Teil der erweiterten Alzheimer-Diagnostik und hilft Neurologen, Morbus Alzheimer von anderen Demenzen zu unterscheiden. Bei der Tau-Phosphorylierung und der Neuroinflammation wurden hingegen keine signifikanten Veränderungen beobachtet.
„Zusammenfassend unterstützen unsere Ergebnisse die negative Wirkung von langfristigem Rapsölkonsum auf zwei wichtige Aspekte der Alzheimer-Pathophysiologie, nämlich auf Gedächtnisstörungen und auf die synaptische Integrität“, heißt es in der Veröffentlichung. Praticò und Lauretti hatten zuvor im gleichen Mausmodell natives Olivenöl untersucht. Verglichen mit Kontrollen zeigten Mäuse, die entsprechende Diäten erhielten, weniger Verhaltensdefizite. Der Spiegel an Synaptophysin, einem Proteinmarker der synaptischen Integrität, ging nach oben. Gleichzeitig verringerte sich die Konzentration an unlöslichem Beta-Amyloid und an phosphoryliertem Tau-Protein. Damit geht die Empfehlung also klar weg von Rapsöl und hin zum Olivenöl.
Umgehend meldete sich das Canola Council of Canada – ein Interessenverband – zu Wort. Kanada beliefert den Weltmarkt mit großen Mengen an Rapsöl. In einer Meldung fasst Peter J. Jones vom Richardson Center for Functional Foods and Nutraceuticals, University of Manitoba in Kanada, zentrale Schwächen der Arbeiten von Praticò und Lauretti zusammen:
Alle drei Aussagen sind nachvollziehbar und korrekt. Jones’ Folgerung, die neue Studie beinhalte „nichts Sinnvolles für Verbraucher“, entspringt aber vermutlich eher seiner Angst vor Umsatzeinbußen. Gemäß der alten Maxime „primum non nocere“ (zuerst einmal nicht schaden) haben Patienten mit Morbus Alzheimer oder mit bekanntem Alzheimer-Risiko jedoch die Möglichkeit, zu Olivenöl zu greifen, bis weitere Daten vorliegen.