Nicht nur Assistenten sind rar auf dem Arbeitsmarkt, auch an Tiermedizinischen Fachangestellten mangelt es. Zu Oktober bekommen sie jetzt mehr Gehalt. Aber damit allein ist es nicht getan, zeigt eine Umfrage.
Der Beruf der Tiermedizinischen Fachangestellten (TFA) ist vielseitig: Buchhaltung und Bestellungswesen, Anmeldung, Terminvergaben und Kundenkontakt, Assistenz in tiermedizinischen Behandlungen und Operationen, Vor- und Nachbereitung von Operationsräumen und -utensilien, Zahnreinigungen, Beratung von Patientenbesitzern und auch deren Beruhigung, wenn sie wegen der Rechnung oder einem verstorbenen Tier emotional werden. All das und noch viel mehr leisten TFA täglich in der Tierarztpraxis. Das Problem: Ohne TFA ist ein Tierarzt aufgeschmissen – aber viele Praxisinhaber haben immer größere Probleme, Stellen zu besetzen.
In einer Umfrage der TVD-Finanz zum aktuellen TFA Gehaltsreport wurden 1.000 TFA nach ihrer Zufriedenheit im Job befragt, fast ein Drittel waren Auszubildende. Die meisten von ihnen arbeiteten im Kleintier-Bereich und die Hälfte von ihnen noch nicht länger als 5 Jahre. Das mittlere Bruttomonatsgehalt der Befragten lag, mit einer 40-Stunden-Stelle, bei 2.200 Euro und in der Ausbildung bei 700 Euro. Bei den 40 Stunden bleibt es aber selten: 70 % der Befragten arbeiten mehr, als in ihrem Vertrag festgehalten ist. Das niedrigste Gehalt einer Vollzeit-Kraft lag laut der Umfrage bei 1.200 Euro und somit bei einem Stundenlohn von 7,50 Euro. Auch von den Auszubildenden wurden 36 % untertariflich bezahlt.
In dieser Befragung wurde zusätzlich die Gender-Pay-Gap sichtbar: Männliche TFA sind rar gesät und machten nur 2,1 % der Befragten aus, ihr Gehalt lag aber im Schnitt 300 Euro über dem ihrer Kolleginnen.
Auf die Frage, ob sie sich für ihre Arbeit gerecht entlohnt fühlen, antworteten 80 % der TFA mit „Nein“. Ihr mittleres Gehalt lag bei 2.000 Euro. Die Hälfte von ihnen zieht bereits einen Stellenwechsel in Betracht. Dabei lag die Schwelle zu mehr finanzieller Zufriedenheit so nah, nämlich bereits 300 Euro höher – die TFA, die zufrieden mit ihrem Gehalt waren, bekamen ein mittleres Gehalt von 2.300 Euro. Von ihnen ziehen laut Umfrage nur 11 % einen Stellenwechsel in Betracht. Auch auf die Frage zu Gründen für einen geplanten Stellenwechsel belegte das zu niedrige Gehalt den ersten Platz.
TVD-Gehaltsreport
Offene Stellen und häufige Mitarbeiterwechsel belegen nicht nur viele Ressourcen, sie belasten auch das Team und kosten Zeit und Nerven. Ein interessantes Ergebnis aus dem Report: Der Social-Media-Auftritt einer Praxis kann durchaus Vorteile beim Akquirieren von neuen Mitarbeitern bringen. Auf die Frage „Wie sind sie auf Ihre aktuelle Stelle aufmerksam geworden?“ antworteten immerhin 22 % der Befragten mit „durch Social Media“ – die häufigste Antwort. Erst danach kamen vorherige Praktika oder Ausbildungen oder räumliche Nähe (19 %) und Empfehlungen (18 %).
Ein erster Schritt hin zu mehr Zufriedenheit könnte die aktuelle Anpassung im Gehaltstarifvertrag (GTV) für TFA sein, auf die sich der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) und der Verband Medizinischer Fachberufe am 16. August geeinigt haben. Sie trat am 1. Oktober in Kraft, mit einer Laufzeit von 24 Monaten. Das soll die aktuell zunehmende Inflation ausgleichen und gleichzeitig den Praxen und Kliniken Planungssicherheit bieten. Die Verbände versprechen sich von der Anpassung außerdem, „dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken [und] die Attraktivität des Berufs der Tiermedizinischen Fachangestellten zu erhalten“.
Auch die Ausbildungsvergütungen stiegen ab 1. Oktober 2022 von 700 auf 790 Euro (1. Ausbildungsjahr), 750 auf 870 Euro (2. Jahr) und von 800 auf 950 Euro (3. Jahr). Weiterhin gab es Anpassungen beim Jahresurlaub und mehr Urlaub ab einem Alter von 53 Jahren. Eines muss jedoch berücksichtigt werden: Nur die bpt-Mitgliedschaft des Praxisinhabers garantiert rechtlich, dass die im Verband Medizinischer Fachberufe organisierten TFA mindestens den Tariflohn erhalten.
bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder zeigt sich überzeugt, dass der Tarifabschluss ein richtiges und starkes Signal zur richtigen Zeit setzt: „Mehr denn je sind unsere Praxen und Kliniken auf gut ausgebildete und motivierte Tiermedizinische Fachangestellte angewiesen, um die gestiegene Nachfrage nach tiermedizinischen Leistungen adäquat und flächendeckend erfüllen zu können. Die Anpassung der Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte zum 22. November des Jahres gibt den Praxen den notwendigen Spielraum, um diesen Tarifabschluss zu finanzieren.“
Bleibt zu hoffen, dass ein höheres Gehalt hier genug Anreize setzt. In der TVD-Umfrage kam nämlich noch ein weiteres Problem zum Vorschein: der empfundene Mangel an Wertschätzung vieler TFA. Rund 53 % der Befragten fühlten sich in ihrem Beruf nicht wertgeschätzt. Die gute Nachricht für Praxisinhaber ist jedoch, dass sich dieses Problem, zumindest zum Teil, ganz ohne Geld regeln lässt. Auch der TVD schreibt in seinem Fazit: „Ein angenehmes Arbeitsklima und die Wertschätzung von Vorgesetzten und dem Team werden als wichtigste Punkte neben einem fairen Gehalt genannt und führen zu einer allgemeinen Zufriedenheit.“
Gleichzeitig würden TFA und Auszubildende eine besonders hohe intrinsische Motivation zeigen. Immerhin 76 % aller Befragten seien davon überzeugt, Tieren zu helfen, ihre eigenen Überzeugungen leben zu können und mit all ihren Stärken gebraucht zu werden. Sie seien sich darüber hinaus bewusst, dass nicht jeder fähig sei, diesen Beruf auszuüben. „Diese Motivation über Jahre hinweg beizubehalten, trotz der schlechten Arbeitsbedingungen, stellt eine Herausforderung für Arbeitgeber und -nehmer dar.“
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