Koffein ist nicht gut fürs Herz – oder doch sogar gesund? Eine aktuelle Studie liefert neue Daten zum immer wieder heiß diskutierten Thema der Kardiologie. Welchen Patienten ihr Kaffee empfehlen solltet, lest ihr hier.
Der Kaffeekonsum ist sicherlich eines der am meisten diskutierten Themen in der Kardiologie. Noch immer kursieren Gerüchte, Kaffee passe nicht zu einer gesunden Lebensweise. Inzwischen gibt es jedoch zahlreiche Studien, die belegen, dass sich Kaffee sogar günstig auf das Herzkreislaufrisiko auswirken kann. Neue Erkenntnisse zu dem Thema lieferte eine aktuell im European Journal of Preventive Cardiology erschienene Studie, die Kaffeetrinker zusätzlich aufatmen lässt.
Es handelt sich um eine groß angelegte Beobachtungsstudie mit knapp 450.000 zu Beginn der Studie kardiovaskulär gesunden Teilnehmern. Sie wurden in sechs Kategorien des täglichen Kaffeekonsums unterteilt: keine, weniger als eine, eine, zwei bis drei, vier bis fünf und mehr als fünf Tassen pro Tag. Zudem wurden die Kaffeetrinker nach der jeweiligen Vorliebe unterschieden. So gab es die Gruppen „Instantkaffee“, „gemahlener Kaffee“ oder „entkoffeinierter Kaffee“. Als Kontrollgruppe dienten Menschen, die angaben, keinen Kaffee zu trinken. Zwischen Kaffee-Konsumenten und Nicht-Konsumenten wurde dann die Häufigkeit von Herzrhythmusstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen verglichen, nachdem andere Faktoren, wie Alter oder Raucherstatus, bereinigt wurden. Der mediane Follow-Up-Zeitraum lag bei 12,5 Jahren.
Während dem Nachbeobachtungszeitraum der Studie starben 6,2 % der Teilnehmer. Insgesamt waren jegliche Arten von Kaffeekonsum mit einer Reduktion des Sterberisikos verbunden, unabhängig von der Ursache. Die größte Verringerung des Risikos wurde bei einem Kaffeekonsum von zwei bis drei Tassen pro Tag beobachtet. Dieser ging im Vergleich zum Nicht-Konsum mit einer 14 % (entkoffeiniert), 27 % (gemahlen) bzw. 11 % (löslich) geringeren Sterbewahrscheinlichkeit einher. Bei knapp 10 % der Teilnehmer wurde während der Nachbeobachtung eine Herz-Kreislauf-Erkrankung diagnostiziert.
Es konnten gemahlener, löslicher und entkoffeinierter Kaffee mit einer Verringerung der Inzidenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Auch hier entsprachen zwei bis drei Tassen täglich der höchsten Risikominimierung. Im Vergleich zur Kaffeeabstinenz ging diese Menge mit einer um 6 % (entkoffeiniert), 20 % (gemahlen) bzw. 9 % (Instant-Kaffee) verringerten Wahrscheinlichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher.
Herzrhythmusstörungen wurden bei 6,7 % der Untersuchten während der Studie dokumentiert. Gemahlener sowie Instantkaffee konnten mit einer Verringerung von Herzrhythmusstörungen, einschließlich Vorhofflimmern, in Verbindung gebracht werden. Überraschenderweise traf dies nicht auf entkoffeinierten Kaffee zu. Im Vergleich zu den Nicht-Kaffeetrinkern beobachteten die Forscher die geringsten Risiken bei vier bis fünf Tassen gemahlenen Kaffees pro Tag oder bei zwei bis drei Tassen Instantkaffee pro Tag, mit um 17 % bzw. 12 % reduziertem Risiko.
Die Autoren sind der Auffassung, dass die Ergebnisse ihrer Studie darauf hindeuten, dass Ärzte nicht nur nicht davon abraten sollten, moderate Mengen Kaffee aller Art zu trinken, sondern dass dies sogar herzgesundes Verhalten sein könnte.
Trotz der vielsprechenden Ergebnisse der Studie sollte aber nicht jeder völlig bedenkenlos Kaffee konsumieren. Neben der aktuellen Studien legen zwar auch zahlreiche andere Publikationen zu dem Thema nahe, dass das Herzrisiko durch Kaffee viel geringer ist, als lange angenommen; allerdings sind die Ergebnisse der einzelnen Studien nicht immer einheitlich. Australische Forscher untersuchten beispielsweise im Jahr 2019 die Daten von rund 350.000 Personen im Alter von 37 bis 73 Jahren. Sie fanden heraus, dass zu viel Koffein sehr wohl zum Herzrisiko werden kann. Die Autoren nannten eine Grenze von 6 Tassen Kaffee pro Tag, ab dem sich Kaffee negativ auf das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung auswirkt.
Des Weiteren verträgt nicht jeder Erwachsene Kaffee: Wer davon Magenschmerzen, Durchfall oder Herzrasen bekommt, wird vermutlich schnell freiwillig darauf verzichten.
Weniger koffeinhaltigen Kaffee sollten aber auch Kaffeefans unabhängig vom Herzkreislaufrisiko trinken, wenn sie schwanger sind. Mehr als 1 bis 2 Tassen sollte es dem Baby zuliebe nicht sein. Denn das Koffein erreicht über die Plazenta den Fötus, der diese Substanz kaum abbauen kann. Koffein hemmt das Wachstum und führt zu einem geringen Geburtsgewicht. Die Europäische Gesellschaft für Lebensmittelsicherheit empfiehlt, in der Schwangerschaft maximal 200 bis 300 Milligramm Koffein täglich zu sich nehmen. Sowohl die WHO als auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung unterstützen diese Empfehlung.
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