Trypanosomen werden über die Tsetse-Fliege auf den Menschen übertragen – das endet meist tödlich. Es gibt weder Impfungen noch Prophylaxe, man kann lediglich versuchen, Stiche zu verhindern. Doch das könnte sich bald ändern.
In Afrika sind Tsetsefliegen weit verbreitet. Sie ernähren sich von menschlichem und von tierischem Blut. Dabei können Trypanosomen übertragen werden. Trypanosoma brucei löst beim Menschen die Schlafkrankheit aus. Erreger gelangen über den Speichel infizierter Tsetse-Fliegen in den Wirt und vom Blut weiter in das Gehirn, was unbehandelt zu den tödlichen Symptomen führt.
Doch wie gelangen Trypanosomen nach der Blutmahlzeit der Tsetse-Fliegen in deren Speicheldrüsen? Auf diese Frage fanden Dr. Sabine Bachmaier und Professor Michael Boshart im Bereich Genetik der Fakultät für Biologie der LMU zusammen mit Kollegen eine überraschende Antwort. Sie zeigen, dass ein Signalapparat an der Spitze der Geißel der Einzeller über den Botenstoff cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) die Migration von Trypanosomen in der Tsetse-Fliege kontrolliert. Die Entfernung einer Komponente des Enzymkomplexes, der das Signalmolekül cAMP produziert, reichte aus, um Infektionen der Fliegen zu unterbinden. Ergebnisse der Studie wurden jetzt in Nature Communications veröffentlicht.
Zum Hintergrund: Rinder und Antilopen sind natürliche Reservoire von Trypanosoma brucei. Bei einer Blutmahlzeit gelangen Erreger in den Magen-Darm-Trakt von Tsetse-Fliegen. Um zu überleben und um sich weiter zu verbreiten, müssen sie sich an ihre wechselnde Umwelt anpassen. Trypanosomen pendeln zwischen dem Blutstrom, den Geweben eines Säugetierwirts und dem Verdauungstrakt sowie den Speicheldrüsen einer Tsetse-Fliege, wobei sie eine Reihe von Stadien durchlaufen.
„Unser Projekt basiert auf mehreren internationalen Kollaborationen mit Arbeitsgruppen in Paris, Antwerpen und Rio de Janeiro“, sagt Bachmaier. „Schon lange hat uns die Frage beschäftigt, wie es Parasiten gelingt, sich in der Tsetse-Fliege zu orientieren – und wie man dies unterbinden könnte, um die Übertragung der Krankheit zu kontrollieren.“
Die Arbeitsgruppe hatte vor rund zehn Jahren eine neue und Trypanosomen-spezifische Komponente des cAMP-Signalweges identifiziert: das Cyclic AMP Response Protein 3 (CARP3). „Unsere Entdeckung, dass CARP3 vor allem an der Spitze der Geißel von Trypanosomen zu finden ist, hat uns auf die Fährte geführt zu einem spezialisierten Signalapparat zur Orientierung der Parasiten in der Tsetse-Fliege“, so Bachmaier. Entfernten die Forscher das CARP3-Gen mittels gentechnischer Methodik, veränderte sich auch die Zusammensetzung der Adenylatzyklasen, die cAMP an der Flagellenspitze produzieren. „Dann konnten Trypanosomen Tsetse-Fliegen nicht mehr effizient besiedeln“, erklärt die Wissenschaftlerin. „In den Speicheldrüsen fanden wir keine einzige Zelle der Parasiten mehr.“
Von der Grundlagenforschung zur Anwendung: Ziel einer langfristigen Strategie könnte sein, die Interaktionen zwischen CARP3 und Adenylatzyklasen zu beeinträchtigen, etwa durch ein synthetisches Peptid, das in den Fliegen „paratransgen“ produziert würde. Ohne Besiedlung der Speicheldrüse von Tsetsefliegen werden keine Trypanosomen mehr übertragen.
Dieser Aritkel basiert auf einer Pressemitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
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