Menschliche Spermien finden sich gerne in Gruppen zusammen. Dies scheint jedoch keinen Einfluss auf deren Schwimmgeschwindigkeit zu haben. Forscher haben nun untersucht, was die Gruppenformation für Vorteile bietet.
Das schnellste und fitteste Spermium gewinnt das Rennen um die Befruchtung der Eizelle – so die weitverbreitete Vorstellung. Studienergebnisse der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass die Spermien der meisten Säugetiere keine Einzelkämpfer sind, sondern sich bei der Durchquerung des Vaginaltrakts zusammenschließen: Sobald die Keimzellen mit viskoelastischer Flüssigkeit – wie sie in der Vagina vorkommt – in Kontakt kommen, formieren sie sich zu einer Gruppe.
Einige tierische Spermien heften sich dabei mit einem kleinen Haken aneinander und sind als Spermienzug somit schneller als Einzelschwimmer. Menschliche Spermien hingegen bleiben innerhalb der Gruppe ungebunden und sind nicht schneller als einzeln schwimmende Keimzellen. Ein Forscherteam wollte nun wissen, weshalb sich menschliche Spermien trotzdem zusammenschließen – obwohl sich die Schwimmgeschwindigkeit nicht erhöht. Dazu beobachteten sie das Verhalten der Spermien in einem Modell, dass die engen Kanäle des weiblichen Fortpflanzungstrakts nachahmt. Besonderen Fokus legten die Wissenschaftler dabei auf die viskoelastische Flüssigkeit und simulierten verschiedene Strömungsszenarien.
Dabei zeigte sich, dass die Spermiengruppierung sich besser an verschiedene Strömungsgeschwindigkeiten anpassen konnte. Die Wissenschaftler beobachteten, dass die gebündelten Spermien bei fehlender Strömung – im Vergleich zu den Einzelkämpfern – besser den Kurs hielten und in einer geraderen Linie schwammen. Lag eine leichte bis mittlere Strömung vor, richteten sich die Spermiengruppen besser aus – wie ein Fischschwarm, der stromaufwärts schwimmt. Bei hohen physiologischen Strömungsgeschwindigkeiten schließlich, schienen die verbündeten Keimzellen sich gegenseitig Sicherheit zu geben und wurden nicht so leicht von der starken Strömung mitgerissen. Die Gruppierung erhöht also die Motilität der Spermien.
Studienautor Dr. Chih-kuan Tung zeigt sich besonders beeindruckt von der schützenden Dynamik bei starker Strömung. „Diese erinnert an die Pelotonbildung im Radsport“, erklärt der Physiker. Ein besseres Verständnis der Physik und des Strömungsverhaltens könnte daher auch Vorteile für Fruchtbarkeitsbehandlungen haben: „Längerfristig könnten unsere Erkenntnisse zu einer gezielteren Auswahl der Spermien führen, die für reproduktive Eingriffe wie die In-vitro-Fertilisation verwendet werden“, so Tung.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Frontiers Journals. Hier findet ihr die Originalpublikation.Bildquelle: kazuend, unsplash.