Radiopharmazeutika sind ein wichtiges Instrument zur Krebsdiagnose. Die schädlichen radioaktiven Substanzen reichern sich jedoch in den Nieren an. Forscher haben nun einen Weg gefunden, die Aufenthaltsdauer zu verkürzen.
Radiopharmazeutika sind Medikamente, die Tumore im Körper aufspüren und bekämpfen. Die Substanzen bestehen aus einem Radionuklid und einem Bio-Molekül, das sich spezifisch an bestimmte Gewebestrukturen bindet. Das Radionuklid gibt dann Strahlung ab, die den Tumor zerstört. Das Prinzip klingt einfach. Doch zunächst muss das richtige Molekül gefunden werden. „Ist das Molekül zu spezifisch, so besteht die Gefahr, dass nicht alle Tumore erkannt werden. Ist es jedoch zu allgemein gestaltet, so kann es womöglich an gesundem Gewebe binden, was zu falsch positiven Diagnosen führt“, erklärt Pharmakologe Martin Béhé.
Neben der Tumoroberfläche, existieren für die Moleküle aber noch weitere mögliche Ziele, wie die extrazelluläre Matrix (EZM): Ein hochkomplexes Gerüst zwischen den Zellen, das unter anderem das Zellenwachstum reguliert. Studien deuten darauf hin, dass eine Umgestaltung der extrazellulären Matrix auch das Wachstum von Krebszellen fördern kann. Ein Forschungsteam entwickelte daher einen Weg, um die Radionuklide unkomplizierter in das Tumorgewebe zu bringen: Sie nutzten das EZM-Protein Fibronektin bzw. Fibronektin-bindende Peptide (FnBP) als Träger, um gezielt Radionuklide in die extrazelluläre Matrix eines Tumors zu transportieren.
In gesundem Gewebe weist Fibronektin eine ausgestreckte, straffe Struktur auf, mit zunehmendem Krankheitsverlauf lockert sich diese jedoch. „Man kann sich das so vorstellen wie bei einer mechanischen Feder. Ist die Feder angespannt, so bestehen zwischen den einzelnen Windungen große Lücken, wo das Medikament nicht anbinden kann. Entspannt sich hingegen die Feder, so schließen sich die Lücken und die Bindungsaffinität mit gewissen Peptiden steigt an“, so Wissenschaftler Béhé.
Das Problem: Proteine und Peptide werden durch die Nieren herausgefiltert, um durch den Urin ausgeschieden werden zu können. Sind an diese Peptide nun Radionuklide gebunden, reichern diese sich nicht nur im Tumor, sondern auch in den Nieren an. Um Nierenschädigungen zu verhindern, optimierte das Forscherteam nun das FnBP5-Peptid und statteten es mit einem weiteren Protein aus, das in den Nieren gespalten werden kann. Der Vorteil: Das FnBP5 kann somit immer noch an das Fibronektin andocken und den Tumor sichtbar machen. Sobald das Medikament jedoch in die Nieren gelangt, wird das zusätzliche Protein gekappt und das Radionuklid kann direkt ausgeschieden werden.
Durch diesen molekularen Kniff wird die Wirksamkeit des Medikaments beibehalten – die radioaktiven Ablagerungen in den Nieren werden aber effizient reduziert. „Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse auch für andere Radiopharmazeutika verwendet werden können, die mit ähnlichen Nebenwirkungen verbunden sind“, sagt Béhé.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Paul-Scherrer-Instituts. Hier findet ihr die Originalpublikation. Bildquelle: Bookitlist, unsplash.