Zwei eineiige Zwillinge sind untergewichtig, obwohl sie viel mehr essen als nötig. Schuld scheint eine bisher unbekannte mitochondriale Erkrankung zu sein.
Mitochondrien wandeln Nahrung auf zellulärer Ebene in Energie um. Deswegen beinträchtigen Krankheiten, die die Mitochondrien betreffen, in der Regel deren Funktion. Wie Mediziner in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine berichten, können mitochondriale Erkrankungen aber wohl auch durch hyperaktive Mitochondrien ausgelöst werden. Sie berichten von einem Fall, bei dem das Körpergewicht eines eineiigen Geschwisterpaares sehr niedrig blieb, obwohl sie viel mehr Kalorien zu sich nahmen als nötig.
„Dies ist ein sehr ungewöhnlicher mitochondrialer Phänotyp. Es gibt mehr als 300 seltene genetisch bedingte mitochondriale Krankheiten, und fast alle davon sind mit einer Funktionsunterbrechung der Mitochondrien verbunden“, sagt der Hauptautor Vamsi K. Mootha, Professor für Systembiologie und Medizin am Massachusetts General Hospital.
Bei der Sequenzierung des Genoms stellten die Forscher eine Mutation in einem Enzym, der mitochondrialen ATP-Synthase, fest, das von den Zellen zur Erzeugung des Energiespeichermoleküls ATP benötigt wird. Experimente deuteten darauf hin, dass diese Mutation zu „undichten“ Mitochondrien führt, die Energie absondern – ein Prozess, der als mitochondriale Entkopplung bezeichnet wird.
„Wir schlagen einen neuen Namen vor – mitochondriales Entkopplungssyndrom – bei dem es zu Hypermetabolismus und entkoppelten Mitochondrien kommt“, sagt Mootha. „Diese Fälle sind sehr wichtig für das Gebiet der Genetik seltener Krankheiten, der mitochondrialen Biologie und des Stoffwechsels.“
Die Autoren weisen darauf hin, dass weitere Studien zu mitochondrialen Entkopplungssyndromen Einblicke in Unterschiede im Energiestoffwechsel in der Allgemeinbevölkerung geben könnten.
„Diese Zwillinge stellen die erste Störung der mitochondrialen Entkopplung dar, bei der wir die genetische Ursache finden konnten“, sagte Rebecca D. Ganetzky, MD, behandelnde Ärztin im Programm für mitochondriale Medizin am Children's Hospital Philadelphia und Mitautorin der Studie.
„Durch die Entdeckung, dass pathogene Varianten in der ATP-Synthase selbst eine mitochondriale Entkopplung verursachen können, sind diese Zwillinge möglicherweise die ersten identifizierten Patienten in einer ganzen Klasse von Krankheiten der mitochondrialen Kopplung.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Massachusetts General Hospital. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Chan, Unsplash