Bei schwerer Depression können Ketamin und die Elektrokonvulsionstherapie eingesetzt werden. Doch was ist besser geeignet? Eine Analyse von 6 Studien zeigt jetzt einen eindeutigen Gewinner.
Den meisten Menschen, bei denen eine Depression diagnostiziert wird, wird als erste Behandlungsoption ein orales Antidepressivum (in Kombination mit einer Psychotherapie) angeboten. Wenn orale Antidepressiva jedoch nicht helfen oder wenn die Gefahr besteht, dass die Person sich selbst verletzt, gibt es andere, schnellere Behandlungsmöglichkeiten: Elektrokonvulsionstherapie (EKT) und neuerdings auch Ketamin oder Esketamin.
Esketamin, ein von der FDA für die Behandlung von Depressionen zugelassenes Nasenspray, wird in den USA häufiger eingesetzt als Ketamin. Es gibt jedoch keine Studien, in denen die Wirksamkeit von Esketamin mit der von EKT verglichen wird – aber solche, die mit Ketamin durchgeführt wurden. Ketamin wird in der Medizin üblicherweise als injiziertes Anästhetikum verwendet, wurde aber vor kurzem auch als schnell wirkendes Mittel zur Unterstützung von Menschen mit schwerer Depression getestet.
Der Psychiatrie-Epidemiologe T. Greg Rhee von der UConn School of Medicine und Kollegen analysierten sechs klinische Studien aus der ganzen Welt, in denen Ketamin mit EKT bei schwerer Depression verglichen wurde. Die Studien, an denen insgesamt 340 Patienten teilnahmen, wurden in Krankenhäusern in Schweden, Deutschland, Iran und Indien durchgeführt.
Alle sechs Studien kamen unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass die EKT bei der Linderung schwerer Depressionssymptome wirksamer ist als Ketamin. „EKT ist bei der Behandlung von Patienten mit schweren Depressionen durchweg erfolgreicher als Ketamin“, so Rhee. „Wir haben keine Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht oder geografische Lage festgestellt. Wir können also sagen, dass jeder, der für eine EKT in Frage kommt, davon profitieren kann.“
Obwohl Ketamin den Patienten im Allgemeinen half, erzielte die EKT insgesamt bessere Ergebnisse. Ketamin könnte eine brauchbare Behandlung für Menschen sein, die sich keiner EKT unterziehen können. Die Nebenwirkungsprofile der beiden Behandlungen unterschieden sich, wobei die EKT eher zu Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Gedächtnisverlust führte, während Ketamin eher dissoziative Symptome, Schwindel und Doppeltsehen verursachte.
Derzeit laufen zwei weitere Studien, in denen EKT und Ketamin verglichen werden und Rhee hofft, diese Daten in die Analyse einbeziehen zu können, sobald sie verfügbar sind. „Jede einzelne Studie berichtet direkt, dass EKT besser wirkt als Ketamin. Aber die Menschen stehen der EKT immer noch skeptisch gegenüber, vielleicht wegen der Stigmatisierung", sagt Rhee – oder wegen negativer Darstellungen in der Populärkultur. „Wir müssen das öffentliche Bewusstsein für die EKT bei behandlungsresistenten Depressionen verbessern.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of Connecticut. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Alina Grubnyak, unsplash