CFTR-Modulatoren, seltene Mutationen und antientzündliche Behandlungsansätze – das waren Schwerpunkte beim aktuellen Experten-Treffen zum Thema Mukoviszidose. Lest hier mehr.
Der Bundesverband Cystische Fibrose (CF) hat auch 2022 das jährliche Scientific Meeting (ScieM) ausgerichtet. An der Veranstaltung nahmen rund 45 Wissenschaftler und Ärzte aus 8 verschiedenen Ländern teil, um sich über aktuelle Forschungsausrichtungen und neue Wege in der Mukoviszidose-Therapie auszutauschen. Der Themenschwerpunkt in diesem Jahr war „Innovative Therapies in CF“.
Unter der Leitung von Dr. Frauke Stanke und Dr. Simon Gräber diskutierten die Teilnehmer über Ansätze für mutationsunabhängige Therapien, die auch für Patienten mit seltenen Mutationen, die bislang nicht von mutationsspezifischen Modulatoren profitieren, eine Therapieoption sein könnten. Aber selbst wenn Modulatoren eingesetzt werden, bleiben chronische Lungenentzündungen oft weiter bestehen. Deshalb waren antientzündliche und antibakterielle Therapieansätze ein weiterer Themenschwerpunkt der Tagung.
Für den Hauptvortrag der Veranstaltung konnte Prof. John Hanrahan gewonnen werden. Bereits 1989, als der die Mukoviszidose verursachende Gendefekt im CFTR-Gen erstmals beschrieben wurde, forschte Hanrahan zu den Kanälen. Aus dieser Erfahrung heraus konnte er beim ScieM einzigartige Einblicke in die Fortschritte der letzten 30 Jahre und einen Ausblick auf die Möglichkeiten der neuen Therapien für Patienten mit Mukoviszidose und seltenen Mutationen geben. So wurde sein Vortrag zur Klammer für die Themen der Tagung: Gentherapie, Reparatur auf Proteinebene (Modulator-Therapie) und Ausgleich von Auswirkungen der CFTR-Funktionseinschränkung, z. B. durch Adressierung alternativer Chloridkanäle. Dabei machte er klar, dass alle diese Ansätze ein sehr gutes Verständnis des CFTR-Gens und der physiologischen und regulatorischen Rolle des CFTR-Kanalproteins benötigen.
Gentherapeutische Ansätze zur Behandlung der Mukoviszidose werden von verschiedenen Arbeitsgruppen seit Entdeckung des CFTR-Gens, d. h. seit 30 Jahren, entwickelt. Die grundsätzliche Machbarkeit der Gentherapie zeigen inzwischen mehrere Beispiele zugelassener Therapien bei anderen Erkrankungen. Die Mukoviszidose stellt die Forscher jedoch vor besondere Herausforderungen: Die Therapie muss in der Lunge wirken – einem Organ, das darauf angepasst ist, sich vor fremden Einflüssen zu schützen. Viren, gerne als Transportmittel für Gentherapeutika genutzt, werden von der anti-viral agierenden Lunge entsprechend bekämpft.
Auch das Einbringen von Gentherapeutika in die richtigen Zellen ist nicht einfach: Bestimmte Zellen im Lungenepithel enthalten viel CFTR-Protein und manche wenig. Aber wie kann man die Zellen dem natürlichen Vorkommen und Bedarf entsprechend mit dem Medikament ansteuern? Dies ist eine der vielen noch offenen Fragen. Eine aktuelle Zusammenfassung von Ansätzen zur Gentherapie bei Mukoviszidose findet sich hier.
Auf dem ScieM wurden mögliche mutationsunabhängige Therapien durch Ansätze an alternativen Ionenkanälen vorgestellt. So ist der SLC26A9 ebenfalls ein Chloridkanal und könnte bei Aktivierung die physiologischen Aufgaben eines defekten CFTR-Kanals kompensieren. Das wäre sogar auch als Ergänzung zu Modulator-Therapien denkbar. Die Hemmung der Membranproteine SLC26A4/ATP12A könnte helfen, über eine pH-Wert-Beeinflussung den Flüssigkeitsfilm auf dem Lungenepithel zu normalisieren und damit möglicherweise den Kreislauf aus Entzündung und Infektion zu unterbrechen. Alle diese Ansätze sind jedoch noch im Laborstadium.
Auch im Zeitalter der Modulatoren ist die chronische Lungeninfektion für viele Menschen mit Mukoviszidose immer noch Realität. Es ist – auch wegen der enormen Krankheitslast – besonders wichtig, hier effektivere Methoden zur Bekämpfung von Keimen zu finden. Eine Möglichkeit sind Bakteriophagen oder Proteine, die durch sie produziert werden. Dies sind sehr selektive Ansätze, die deshalb wenig Nebenwirkungen haben sollen. Allerdings ist die Anwendung nicht trivial und eine Zulassung gibt es in Deutschland dafür bisher nicht.
Die Unterstützung des körpereigenen Immunsystems durch Makrophagen-Therapie ist ein anderer neuer Ansatz, der auf dem Seminar vorgestellt wurde. Durch beladene Makrophagen können Antibiotika in den Körper gebracht oder die Wirkung der Immunzellen beim Abtöten der Keime unterstützt werden. Aber auch die gezielte Korrektur des CFTR-Gens (ex vivo) ist denkbar. Dieser neue Ansatz wird gerade genauer in einem Projekt untersucht.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Mukoviszidose-Instituts.
Bildquelle: Triana Nana, Unsplash