Die Schlaganfallhäufigkeit bei jüngeren Erwachsenen steigt stetig an. Forscher haben nun eine Vermutung, woran das liegen könnte.
Ein Schlaganfall ist ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem, das verheerende Folgen haben kann. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie von über 94.000 Patienten zeigen, dass Schlaganfälle bei jüngeren Erwachsenen in Ländern mit hohem Einkommen ein wachsendes Problem darstellen. Dafür wurden Daten aus den letzten 20 Jahren analysiert und die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht.
Das Forscherteam rund um Dr. Dr. Linxin Li von der Universität Oxford untersuchten, ob sich die Schlaganfallhäufigkeit bei jüngeren und älteren Menschen zwischen 2002 und 2018 veränderte. Sie stützten sich dabei auf die Daten der Oxford Vascular Study, die 94.567 Menschen umfasst, die in Hausarztpraxen in Oxfordshire registriert sind. Die Inzidenz bezieht sich auf die Anzahl der Menschen, die eine bestimmte Krankheit oder ein bestimmtes gesundheitsbezogenes Ereignis – in diesem Fall einen Schlaganfall – in einem bestimmten Zeitraum entwickeln.
Nach traditioneller Auffassung spielen vaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettleibigkeit bei jungen Schlaganfällen eine untergeordnete Rolle, doch neuere Studien widerlegen diese Ansicht. Die Forscher berücksichtigten auch andere Faktoren wie den Lebensstil, Veränderungen in der Diagnosepraxis, die Kontrolle traditioneller vaskulärer Risikofaktoren und geschlechtsspezifische Ursachen von Schlaganfällen.
Sie fanden heraus, dass zwischen 2002–2010 und 2010–2018 die Schlaganfallhäufigkeit bei jüngeren Erwachsenen (unter 55 Jahren) um 67 Prozent gestiegen und bei älteren Erwachsenen (55 Jahre oder älter) um 15 Prozent gesunken ist. Bei anderen vaskulären Ereignissen, wie z. B. Herzinfarkten, wurden keine ähnlichen Unterschiede in der Häufigkeit festgestellt.
Bei den jungen Menschen, die einen Schlaganfall erlitten, war ein signifikanter Anstieg des Anteils in höher qualifizierten Berufen zu verzeichnen, insbesondere in Fach- und Führungspositionen. Dies könnte auf eine Rolle von arbeitsbedingtem Stress, geringer körperlicher Aktivität und langen Arbeitszeiten hindeuten, die jeweils stärker mit dem Schlaganfallrisiko als mit dem Herzinfarktrisiko verbunden waren. Die Prävalenz traditioneller vaskulärer Risikofaktoren war bei jungen Menschen mit Schlaganfall ebenfalls hoch, was unterstreicht, wie wichtig es ist, diese Risikofaktoren zu erkennen und zu behandeln.
Eine damit zusammenhängende Arbeit derselben Autoren zeigte ähnliche unterschiedliche Trends in anderen Ländern mit hohem Einkommen im 21. Jahrhundert, wobei ein Rückgang der Schlaganfallhäufigkeit im höheren Alter nicht im jüngeren Alter zu beobachten war.
„Unsere Studie zeigt einen besorgniserregenden Anstieg der Schlaganfälle bei jungen Menschen in Oxfordshire und spiegelt ein ähnliches Bild in anderen Ländern mit hohem Einkommen wider“, sagt Dr. Li. „Die Feststellung der Bedeutung bekannter Risikofaktoren bei jungen Schlaganfällen wird dazu beitragen, das allgemeine Bewusstsein für die Notwendigkeit einer besseren Kontrolle zu schärfen. Wir brauchen auch bessere Möglichkeiten, um junge Menschen mit hohem Schlaganfallrisiko zu identifizieren, da die derzeitigen Risikomodelle auf Vorhersagefaktoren für Schlaganfälle bei älteren Menschen beruhen.“
„In der Vergangenheit dachten wir, dass Schlaganfälle nur ältere Erwachsene betreffen, aber Studien wie diese deuten auf ein wachsendes Problem bei jungen Erwachsenen hin“, ergänzt Dr. Angela Hind, Geschäftsführerin der Medical Research Foundation.
„Ein Schlaganfall bei jungen Erwachsenen kann enorme Auswirkungen haben, da er oft dann auftritt, wenn sie eine Familie gründen oder bereits kleine Kinder haben, für die sie sorgen müssen – und wenn sie den Höhepunkt ihrer Karriere noch nicht erreicht haben. Die wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Folgen können verheerend sein. Es muss mehr geforscht werden, um die Ursachen von Schlaganfällen bei jungen Menschen besser zu verstehen und die besten Möglichkeiten zur Vorbeugung zu finden“, konkludiert Hind.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Medical Research Foundation. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Milad Fakurian, unsplash.