Viele Suizide können auf eine nicht erkannte oder nicht adäquat behandelte Depression zurückgeführt werden. Ein in Deutschland entwickeltes Konzept behauptet sich nun als wegweisend für die Suizidprävention.
Eine Meta-Analyse zeigt, dass die 4-Ebenenen-Intervention zur Suizidprävention der Stiftung Deutsche Depressionshilfe am wirkungsvollsten ist. Das Konzept hat die bessere Versorgung von Menschen mit Depression und die Prävention von Suiziden zum Ziel.
Die aktuelle Meta-Analyse wertete 47 internationale Studien aus, die von Januar 2010 bis November 2020 veröffentlicht wurden. „Unser in Deutschland entwickeltes und im Rahmen von EU-Projekten erprobtes 4-Ebenen-Interventionskonzept hat sich als stärkstes Instrument im Kampf gegen Suizide weltweit gezeigt. Ich hoffe sehr, dass wir den Ansatz künftig noch breiter zur Anwendung bringen können und damit suizidalen Handlungen vorbeugen und zudem viel Leid durch eine bessere Versorgung depressiv erkrankter Menschen verhindern“, sagt Prof. Ulrich Hegerl, Präsident der European Alliance Against Depression (EAAD), Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Die Mehrheit der Suizide erfolgt vor dem Hintergrund einer oft nicht erkannten oder nicht adäquat behandelten Depression. Das 4-Ebenen-Interventionskonzept will das Suizidrisiko durch eine verbesserte Versorgung depressiv erkrankter Menschen und zahlreiche weitere Maßnahmen senken.
Das 4-Ebenen-Interventionskonzept verbindet zwei Ziele: die bessere Versorgung von Menschen mit Depression und die Prävention von Suiziden sowie Suizidversuchen. In einer umschriebenen Region werden dafür gleichzeitig Interventionen auf vier Ebenen gestartet:
1. Kooperation mit Hausärzten (u. a. Schulungen)2. Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Plakatkampagne, öffentliche Veranstaltungen)3. Schulungen von Multiplikatoren (z. B. Pfarrer, Lehrer, Journalisten, Altenpflegekräfte, Polizisten)4. Unterstützung für Betroffene und Angehörige, u. a. durch Informationsmaterialien, Förderung der Selbsthilfe und ein digitales Selbstmanagement-Programm
Die Wirksamkeit des 4-Ebenen-Ansatzes konnte in mehreren Studien gezeigt werden, in denen Abnahmen suizidaler Handlungen in Interventionsregionen im Vergleich zu Kontrollregionen festgestellt wurden. So gab es im Modellprojekt Nürnberger Bündnis gegen Depression in den beiden Interventionsjahren einen Rückgang um 24 Prozent der suizidalen Handlungen – ein Effekt, der auch im Folgejahr nachweisbar war.
In Deutschland ist die Zahl der Suizide seit Anfang der achtziger Jahre von 18.000 auf mittlerweile rund 9.200 Tote im Jahr gesunken. „Diese positive Entwicklung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die Versorgungssituation in den vergangenen 40 Jahren in Deutschland verbessert hat. Menschen mit Depression holen sich häufiger Hilfe und die Ärzte erkennen Depressionen besser. Der 4-Ebenen-Ansatz dürfte dazu auch einen Beitrag geleistet haben“, so Hegerl weiter.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Dim Hou, unsplash