Das feuchte Milieu in der Windel ist ideal, um Ekzeme zu fördern. Reibung und Druck verschärfen die Situation. Vorbeugend und therapeutisch hilft die ABCDE-Regel.
Es ist ein häufiges Leid kleiner Kinder: Bei der Irritant Diaper Dermatitis (IDD) ist der Po wund, stark gerötet und schmerzt, es können sich nässende Bläschen, möglicherweise auch Ödeme entwickeln.
Ursächlich wirken mehrere Auslöser zusammen. Die Haut der Kleinen ist noch unausgereift und besonders empfindlich. Der ständige Kontakt mit Urin und Fäkalien setzt ihr erheblich zu. Unter den okklusiven Verhältnissen in der Windel quillt das Stratum corneum auf und die Barrierefunktion der Haut wird beeinträchtigt. Durch die Zersetzung von Harnstoff aus dem Urin wird der pH-Wert ins Alkalische verschoben. Im alkalischen Milieu verändert sich die Bakterienzusammensetzung und es werden fäkale Protease- und Lipase-Enzymen aktiviert. Windeldruck und Reibung durch nasse Windeln verschärfen die Situation weiter. Die geschädigte Haut bietet Infektionserregern wie Candida albicans eine ideale Eingangspforte und es drohen Superinfektionen wie Windelsoor.
Eine Windeldermatitis betrifft jedoch nicht nur die ganz Jungen. Auch ältere Kinder und Erwachsene jeden Alters, die infolge einer Inkontinenz Windeln tragen, sind gefährdet. Wie verbreitet das Problem ist, zeigen Zahlen der Stiftung Gesundheitswissen. Demnach leiden etwa 13 von 100 Erwachsenen an Harninkontinenz, bei den über 60-Jährigen sogar 23 von 100. Speziell bei Senioren führen altersbedingte Hautveränderungen dazu, dass die epidermale Barriere schwächer wird. Die Haut ist im Alter auch anfälliger für Xerose und der Oberflächen-pH verschiebt sich weg vom schützenden sauren Zustand. Darüber hinaus können Mangelernährung oder Mikronährstoffmängel die reparativen Funktionen beeinträchtigen. Die resultierende entzündliche Hautschädigung im Windelbereich wird bei Älteren als Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (Incontinence-Associated Dermatitis, IAD) bezeichnet.
Das Management von IDD und IAD basiert auf zwei Hauptzielen: Beschleunigung der Heilung geschädigter Haut und Vorbeugung einer erneuten Windeldermatitis. Das A und O sind dabei die fünf einfachen Regeln von Boiko (1999), die man sich leicht mit dem Akronym ABCDE merken kann:
Eltern tun gut daran, ihre Kinder so oft es geht frei an der Luft strampeln zu lassen. Erwachsenen Patienten können atmungsaktive Windeln helfen.
Bis die Haut geheilt ist, tut eine Schutzschicht bestehend aus spezieller Wundschutzsalbe oder weicher Zinkpaste als Barriere gut. Lotio alba kann Feuchtigkeit aufnehmen und einem weiteren Aufquellen der Haut vorbeugen.
Windeln sollten direkt nach dem Stuhlgang oder Urinieren gewechselt werden. Bei jedem Windelwechsel ist der Po gründlich zu reinigen. Aggressive alkalische Seifen haben auf der geschundenen Haut nichts verloren, das gleiche gilt für Reinigungstücher mit Alkohol oder sensibilisierenden Substanzen wie Duft- oder Konservierungsstoffen. Lauwarmes Wasser, Öle oder milde Syndets reinigen sanft. Zum Abwischen von Stuhl- und Salbenresten sind ölhaltige Einmaltücher oder frische, auskochbare Waschlappen geeignet. Danach ist die Region vorsichtig mit einem weichen Handtuch trocken zu tupfen. Besonders empfindliche Haut kann mit einem Föhn getrocknet werden.
Windeln mit absorbierenden Gelen können den Urin gut aufnehmen. Sie helfen, die Haut möglichst trocken zu halten, so dass sie weniger stark aufquillt.
Eltern sind oft verunsichert und geben sich selbst die Schuld an der Windeldermatitis ihrer Kinder. Wichtig ist, dass sie lernen, durch welche Maßnahmen sie einem wunden Po vorbeugen bzw. diesen behandeln können. Kinderärzte und das Apothekenteam helfen dabei gerne weiter. Auch ältere Patienten profitieren von Pflegetipps.
Ein Oldie, but Goldie bei Windeldermatitis ist Heilwolle. Sie beruhigt die geschundene Haut und hält sie trocken. Entzündungshemmend und juckreizlindernd wirken Sitzbäder mit Gerbstoffen, etwa aus Eichenrinde oder künstlichem Gerbstoff. Wenn die Selbstbehandlung keine schnelle Wirkung zeigt, ist ein Besuch beim (Kinder-)Arzt angezeigt. Auch wenn der Bereich stark juckt, die Hautveränderungen auch an anderen Stellen auftreten oder sich im Wundbereich Eiterbläschen zeigen, sind die Grenzen der Selbstbehandlung erreicht.
Bei einem Befall mit Bakterien oder Pilzen stehen antimikrobielle oder antimykotische Mittel zur Verfügung. Einige sind, wie Salben mit Nystatin, freiverkäuflich erhältlich, andere muss der Arzt verschreiben. Ein unkritischer Einsatz antiinfektiver Mittel sollte jedoch nicht erfolgen, um keine Resistenzen zu fördern. Topische Glukokortikoide, zum Beispiel Hydrocortison, können starke Entzündungen rascher abklingen lassen. Doch das Schwert ist zweischneidig: Eine übermäßige und anhaltende Anwendung kann zu Nebenwirkungen wie Hautatrophie oder Pigmentveränderungen führen.
Um der Windeldermatitis vorzubeugen, wenden Eltern bzw. inkontinente Erwachsene am besten von vorneherein wegwerfbare, superabsorbierende und atmungsaktive Windeln anstelle von Stoffwindeln an und wechseln diese regelmäßig, d. h. tagsüber etwa alle drei Stunden. Schützende Salben und pflegende Cremes fördern die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der natürlichen Hautbarrieren. Klassischer Babypuder ist jedoch keine gute Wahl, da er klumpen kann und diese Klumpen zu verstärkter Reibung auf der Haut führen können. Tagsüber tun der Haut windelfreie Zeiten gut.
Bei älteren Menschen gehören zum Management nicht nur Hautpflegeprogramme, sondern auch eine gezielte Förderung der Kontinenz mit Maßnahmen wie Blasen- und Beckenbodentraining. Bei ihnen können auch Hilfsmittel wie Blasenkatheter, Kondomurinal oder Analtampons zum Einsatz kommen.
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