Die WHO hat eine Liste der gefährlichsten Pilzerreger veröffentlicht. Welche pathogenen Pilze es auf die Liste geschafft haben und was sie so gefährlich machen, lest ihr hier.
Die Gefahr von resistenten Bakterien ist inzwischen wohl auch jedem Nicht-Mediziner bewusst. Aber auch das Reich der Pilze hat einige für den Menschen gefährliche und resistente Vertreter hervorgebracht, die noch nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. „Pilzinfektionen waren schon immer eine Bedrohung, wurden aber in der Vergangenheit im öffentlichen Bewusstsein und bei der Finanzierung der klinischen Forschung stark vernachlässigt“, meint Dr. Neil Stone, Berater für Infektiologie und Mikrobiologie und Leiter der Abteilung Pilzinfektionen am University College London Hospital.
Das liege daran, dass Pilzinfektionen vor allem für geschwächte Menschen ein Problem sind. „Die Epidemie wird von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil der Kampf gegen Pilze hauptsächlich in Krankenhäusern geführt wird, was die Bedrohung jedoch nicht mindert“, so Dr. Stone weiter.
Um auf das Thema aufmerksam zu machen, hat die WHO jetzt eine Liste mit den 19 gefährlichsten Pilzarten veröffentlicht. Auf der Fungal Priority Pathogens List (FPPL) sind die Pilze in drei Kategorien eingeordnet: Kritische Priorität, hohe Priorität und mittlere Priorität. Die Einteilung beruht auf der Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und dem Risiko für eine Resistenzentwicklung des jeweiligen Pilzerregers. Viele dieser Pilze sind opportunistische Erreger – sie machen sich den schwachen Allgemeinzustand des Infizierten zunutze, um sich auszubreiten.
Candida auris: Gut getarnter Killerpilz
Candida auris ist einer der jüngsten, aber nicht weniger gefährlichen Vertreter auf der Liste. Er wurde erst im Jahr 2009 entdeckt und ist inzwischen auf jedem Kontinent zu finden – dabei hat er schon zahlreiche Krankenhausausbrüche ausgelöst.
Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus gehört zu den am weitesten verbreiteten Lebewesen überhaupt. Er ist in nahezu allen Regionen der Welt anzutreffen, daher ist Kontakt mit ihm unvermeidlich. Für Gesunde stellt das kein Problem dar, doch bei immungeschwächten Menschen kann er eine lebensbedrohliche invasive Aspergillose auslösen.
Candida albicans ist ein Hefepilz, der häufig asymptomatisch – als sogenannter Saprophyt – die Haut und Schleimhäute besiedelt. Als opportunistischer Erreger löst er aber auch Infektionen der Schleimhäute oder eine invasive Candidose aus.
Cryptococcus neoformans ist ein weltweit verbreiteter pathogener Hefepilz, der in der Umwelt, z. B. im Erdboden und in verrottendem Holz, lebt. Durch Einatmen gelangt er in den menschlichen Körper und kann bei immungeschwächten Personen gefährlich werden.
Die Entscheidung, welche Pilze aufgenommen und ob sie als vorrangig oder weniger wichtig eingestuft werden sollen, sei schwierig. Es werde unweigerlich einige Meinungsverschiedenheiten über die Rangfolge geben, meint Jon Cohen, emeritierter Professor für Infektiologie an der Brighton & Sussex Medical School. „Einige Pilze, wie z. B. Aspergillus, verursachen in der Regel nur Krankheiten bei immunschwachen Menschen, etwa nach HIV/AIDS oder einer Organtransplantation. Andere, wie z. B. Coccidioides, können ansonsten gesunde Menschen infizieren, kommen aber nur in sehr begrenzten geografischen Gebieten vor. Wie man diese Unterschiede am besten einordnet oder abwägt, ist ein wenig willkürlich.“
Letztendlich seien diese Unterscheidungen aber weniger wichtig als die Tatsache, dass diese Art der Anerkennung für Pilze sie zu Recht aus dem Schatten holen, findet Cohen. „Das wird die Diagnose verbessern und vor allem die Forschung anregen. Die Zahl der Medikamente zur Behandlung von Pilzen ist viel begrenzter als bei Bakterien und auch Pilze entwickeln Resistenzen gegen diese Medikamente. Die WHO sollte für diese wichtige Initiative beglückwünscht werden.“
Die vollständige Liste findet ihr hier.
Bildquelle: Drew Hays, unsplash