Ein Forscherteam hat eine neue Möglichkeit gefunden, gefährliche Bakterien-Schichten auf Oberflächen zu zerstören. Dabei ließen sich die Wissenschaftler von der Natur inspirieren.
Bakterien lieben feuchte Oberflächen. Dort vermehren sich Erreger besonders gut zu einer großen Kolonie, die von einem Schutzfilm umgeben ist – dem Biofilm. Diesen findet man auf verschiedenen Oberflächen im Alltag wie Lichtschalter, Einkaufswagen oder Bankautomaten. Eine Berührung kann zu Kontaktinfektionen führen. Wissenschaftler versuchen daher, die bakterielle Besiedlung von Materialoberflächen zu erschweren bzw. verhindern. Dies gelingt nicht immer mit chemischen Bioziden.
Für das Überleben der Bakterienkolonie ist es wichtig, dass einzelne Zellen mit Hilfe von Signalmolekülen miteinander kommunzieren: Steigt die Bakterienmenge und somit die Konzentration der Signalmoleküle, werden Prozesse aktiviert, welche die Bildung von Biofilmen anregen, die das Überleben der Bakterien sichern. Eine Möglichkeit, einen Biofilm zu verhindern, ist daher, die Kommunikationswege abzuschneiden und die Signalmoleküle enzymatisch so zu verändern, dass sie keine Biofilmbildung aktivieren. Dies kann z. B. durch Haloperoxidasen erfolgen – einer Enzym-Gruppe, die über eine komplexe Reaktionskette die Signalmoleküle halogenieren.
Ein Forscherteam hat nun einen neuen Ansatz entwickelt, um die Kommunikation der Baktieren zu verhindern. Mithilfe von Nanopartikeln aus Cerdioxid (CeO2) ahmten die Wissenschaftler den Vorgang der Haloperoxidasen nach. Der Vorteil: „Cerdioxid ist ungiftig, chemisch sehr stabil und beispielsweise in modernen Abgaskatalysatoren von Fahrzeugen enthalten“, sagt Studienautorin Dr. Eva Pütz.
Für die Wissenschaftler war es zunächst schwierig, nachzuweisen, ob sich die CeO2-Nanopartikel zur Biofilmhemmung eignet. Über eine Analyse der Reaktionskaskade wiesen die Forscher jedoch die katalytische Funktion der Nanopartikel nach. Die halogenierten Signalmoleküle wurden zunächst in Modellreaktionen identifiziert. In Bakterienkulturen war ihr Nachweis nicht direkt möglich, da die Produkte zu schnell abgebaut werden. Die chromatographische Aufarbeitung und massenspektrometrische Analyse zeigte aber völlig unerwartet die Bildung weiterer halogenierter Signalmoleküle aus der Familie der sogenannten Chinolone. Die CeO2-Nanopartikel schienen also – genau wie native Enzyme – in biologische Prozesse einzugreifen, indem sie Signalmoleküle veränderten und inaktivierten.
Pütz ist überzeugt, dass Cerdioxid eine praktikable und kostengünstige Alternative zu konventionellen Bioziden ist. Mithilfe von Lackdispersionen, in denen CeO2-Nanopartikel enthalten sind, könnte in Zukunft die Koloniebildung von multiresistenten Bakterien unterdrückt werden. Bei der Bekämpfung von Biofilmen mit Bioziden und Antibiotika entsteht nämlich ein großer Nachteil: die Förderung von Resistenzen. Durch Beschichtungen von Polymeren mit CeO2-Nanopartikeln könnte dieses Problem wirkungsvoll und umweltfreundlich umgangen werden. Der Eingriff in die bakterielle Genregulation ist zudem von pharmakologischem Interesse zur Bekämpfung pathogener Bakterien, die sich der Immunabwehr und einer Antibiose entziehen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Franco Antonio Giovanella, unsplash.