Das Multiple Myelom ist meistens nicht heilbar. Die etablierte Kombi-Therapie kann den Krebs aber zurückzudrängen und Patienten so eine möglichst lange Überlebenszeit verschaffen. Ein Antikörper könnte die Wirkung bald verstärken.
Die Wirkung von etablierten Dreifach-Medikamentenkombinationen zur Erstbehandlung des Multiplen Myeloms kann durch die zusätzliche Gabe eines monoklonalen Antikörpers signifikant verbessert werden. Das zeigt eine groß angelegte Studie unter Leitung von Prof. Hartmut Goldschmidt vom Myelomzentrum der Medizinischen Klinik V am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT Heidelberg. Die Ergebnisse sind aktuell in Lancet Haematology erschienen.
Insgesamt wurden 660 Patienten mit der seltenen bösartigen Erkrankung des Knochenmarks in die Studie eingeschlossen. Alle Patienten erhielten die medikamentöse Behandlung mit dem Ziel, die Myelomerkrankung im Vorfeld einer Stammzelltransplantation weitestmöglich zurückzudrängen. Dieses Zurückdrängen zu einem frühen Zeitpunkt der Therapie führt in der Regel zu längeren Phasen krankheitsfreier Zeit. Die Hälfte der Patienten erhielt nach zufälliger Zuteilung zusätzlich den hochwirksamen monoklonalen Antikörper Isatuximab, der gegen das Myelomzell-Protein CD38 gerichtet ist.
Nach 18 Wochen Behandlungsdauer waren bei rund 50 Prozent der Patienten, die zusätzlich mit Isatuximab behandelt worden waren, die Krebszellen soweit dezimiert, dass sie mittels hochsensitiver Methoden nicht mehr im Knochenmark nachgewiesen werden konnten. In der Kontrollgruppe mit Standardtherapie war dies bei rund 36 Prozent der Patienten der Fall. Nebenwirkungen und daraus folgende Behandlungsabbrüche traten in beiden Gruppen in vergleichbarer Schwere und Häufigkeit auf.
„Das sind äußerst ermutigende Ergebnisse. Mit Hilfe des monoklonalen Antikörpers können wir bei einem beträchtlichen Teil unserer Patienten die Startbedingungen und damit auch die Erfolgsaussichten für die folgende Stammzelltherapie signifikant verbessern“, sagt Goldschmidt.
Derzeit ist das Multiple Myelom meistens nicht heilbar. Ziel der Therapien ist es, den Krebs anhaltend zurückzudrängen und den Betroffenen so eine möglichst lange symptomfreie Überlebenszeit zu verschaffen. Dazu forschen das Team des Heidelberger Myelomzentrums und die Studiengruppe German-Speaking Myeloma Multicenter Group (GMMG) erfolgreich an der stetigen Weiterentwicklung der Therapien.
Isatuximab bindet das Oberflächenprotein CD38, das insbesondere von den bösartigen Zellen beim Multiplem Myelom verstärkt gebildet wird. Damit markiert er die Krebszellen für den Angriff des Immunsystems, schädigt die Krebszelle selbst und leitet zudem deren Selbstzerstörungsmechanismus ein.
Myelomzellen in unterschiedlicher Ausreifung (blau/violett) in einem Knochenmarkausstrich. Credit: Universitätsklinikum Heidelberg
Zwei ebenfalls multizentrische Studien aus Frankreich (CASSIOPAIA, Phase III) und den USA (GRIFFIN, Phase II) haben 2019 und 2020 bereits gezeigt, dass ein anderer CD38-Antikörper die Effizienz der Standardtherapien bei neudiagnostiziertem Myelom zur Vorbereitung einer Stammzelltransplantation verbessern kann. In der GMMG-HD7 Studie kam erstmals Isatuximab kombiniert mit den Medikamenten Lenalidomid, Bortezomib und Dexamethason bei Patienten vor Stammzelltransplantation zum Einsatz. Die Medikamente hemmen jeweils das Krebswachstum und aktivieren das Immunsystem.
„Dies ist nun die dritte große Studie, die den signifikanten Nutzen eines CD38-Antikörpers in Kombination mit der gängigen Ersttherapie eindrücklich belegt. Es sollte daher eine Aufnahme in die Regelversorgung erfolgen“, so Goldschmidt.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsklinik Heidelberg. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
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