Ein plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie (SUDEP) ist selten. Trotzdem sollten Ärzte mit ihren Patienten das Phänomen besprechen, da das Wissen das Selbstmanagement der Erkrankung verbessert und Risiken senkt. Eine Studie offenbart große Wissenslücken, auch bei Ärzten.
Etwa einer von 1.000 Epilepsiepatienten stirbt pro Jahr eines plötzlichen, unerwarteten Todes. Mit dieser Häufigkeit ist SUDEP zwar selten. Im Vergleich zu anderen neurologischen Erkrankungen stellt der plötzliche Tod bei Epilepsie jedoch ein bedeutsames Gesundheitsproblem dar: Nur noch durch Schlaganfälle werden mehr potentielle Lebensjahre eingebüßt. Allerdings ist das Phänomen bisher unter Ärzten wie Patienten nicht allgemein bekannt. So ergab eine aktuelle US-amerikanische Studie mit 1.392 Epilepsiepatienten und 611 Behandlern, dass nur 76 Prozent der Behandler und 65 Prozent der Patienten schon etwas von SUDEP gehört haben. Dabei wussten Patienten mit einer längeren Erkrankungsdauer und schwereren Epilepsieformen und diejenigen, die bei einem Epileptologen in Behandlung waren, am ehesten über SUDEP Bescheid.
Patienten, die durch die Befragung zum ersten Mal von SUDEP hörten, berichteten zwar von Gefühlen der Angst und Trauer. Die meisten gaben dennoch an, mit ihrem Arzt über SUDEP sprechen zu wollen. Außerdem glaubte die Hälfte, dass Wissen über SUDEP ihren Umgang mit der Epilepsie beeinflussen würde. „Die Literatur zeigt deutlich, dass Menschen mit Epilepsie und ihre Behandler mehr über SUDEP wissen wollen“, schreiben Elisabeth Donner von der University of Toronto und Jeffrey Buchhalter vom Alberta Children’s Hospital in einem Kommentar. „Informationen über SUDEP sollten daher Teil einer umfassenden Aufklärung für alle Epilepsiepatienten sein.“ Der plötzliche unerwartete Tod bei Epilepsie wird wahrscheinlich durch eine Minderung der Gehirnströme, des Herzschlags und der Atmung ausgelöst, die schließlich zum Atem- und Herzstillstand führt. SUDEP tritt häufig kurz nach einem Anfall auf. Als Hauptrisikofaktoren gelten Grand-mal- und nächtliche Anfälle. Bei hoher Anfallshäufigkeit, langjährigen oder schlecht behandelbaren Epilepsien ist das Risiko ebenfalls erhöht. „Aber auch das selbständige Absetzen oder Herunterdosieren der Medikation wird mit SUDEP in Verbindung gebracht“, erläutert Hajo Hamer, Leiter des Epilepsiezentrums an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen.
Eine umfassende Aufklärung über Epilepsie und ihre Behandlung ist ein wichtiges Element der Epilepsietherapie. Sie kann das Selbstvertrauen der Patienten stärken und ihr Selbstmanagement deutlich verbessern: etwa die regelmäßige Einnahme der Medikation, den Umgang mit Anfällen und die Bewältigung der Erkrankung im Alltag. „Das Gespräch über SUDEP erlaubt es Behandlern, mit ihren Patienten über deren Ängste zu sprechen, sie über ihr individuelles Risiko zu informieren und ihre Compliance zu fördern“, so Donner und Buchhalter. Erfahren die Patienten dagegen nicht von ihrem Arzt, sondern über das Internet oder andere Quellen von SUDEP, könnte dies das Vertrauensverhältnis zu ihrem Behandler beeinträchtigen. „In vielen Fällen wird eine Aufklärung über SUDEP die Information enthalten, dass das Risiko für den Betroffenen relativ gering ist“, schreiben die Epilepsieexperten. Bei Patienten mit höherem Risiko sollte das Gespräch dagegen Möglichkeiten aufzeigen, wie sie ihr Risiko verringern können. „Wichtig ist vor allem, das Auftreten von Anfällen – vor allem von Grand-mal-Anfällen – zu verhindern“, sagt Hamer. „Das kann oft durch eine gut eingestellte Medikation erreicht werden.“ Weiterhin sollten Patienten mit hohem Risiko erwägen, nachts nicht alleine zu schlafen – denn eine andere Person kann bei einem Anfall eingreifen und so möglicherweise lebensrettend sein.
„Allerdings sollte mit dem Thema SUDEP feinfühlig umgegangen werden. Den Patienten soll keine Angst gemacht werden“, betont Hamer. „Der Behandler sollte deutlich machen, dass viele Anfälle ungefährlich bleiben und das Risiko eines plötzlichen Todes insgesamt nicht sehr hoch ist.“ Aus Sicht von Hamer sollte jeder Arzt anhand des Risikoprofils eines Patienten individuell entscheiden, ob und wie er das Thema SUDEP anspricht. Bei sehr geringem Risiko stehe eine Aufklärung über SUDEP nicht im Vordergrund. „Insgesamt gibt es in letzter Zeit bessere Daten zu SUDEP, so dass das Phänomen auch in Deutschland immer mehr ins Bewusstsein rückt“, sagt der Neurologe. Weitere Forschung soll nun dazu beitragen, die Ursachen von SUDEP genauer zu erfassen – und so besser zu verstehen, welche Patienten besonders gefährdet und welche Gegenmaßnahmen am effektivsten sind.