Viele Frauen, die unter Schwangerschaftsdiabetes leiden, nehmen nach der Geburt kein empfohlenes Screening wahr – so die Ergebnisse einer Studie. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Frauen mit Gestationsdiabetes (GDM) haben nach der Geburt ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Postpartale Diabetes-Screenings werden aber nur in knapp 40 % der Fälle in Anspruch genommen. Dabei ist dieses wichtig, um Komplikationen zu vermeiden. Der grundsätzliche Zugang zu Versorgung in Deutschland sei nicht das Problem, aber Hürden für die interdisziplinäre Versorgung gäbe es dennoch, erklärt Michael Roden, Professor für Endokrinologie und Diabetologie.
Prof. Andrea Icks von der Universität Düsseldorf hat dieses Thema mit ihrem Team nun in einer Studie untersucht: „Wir haben den Anteil des sogenannten postpartalen Diabetes-Screenings bei 12.991 Frauen mit einer Gestationsdiabetes-Diagnose während der Schwangerschaft im Studienzeitraum im bundesweiten GestDiab-Register zwischen 2015 und 2017 erhoben“, erklärt die Expertin. In der Stichprobe haben 38,2 % der Frauen an einem postpartalen Diabetes-Screening teilgenommen. Es fanden sich einige Merkmale, die signifikant mit einer Teilnahme am postpartalen Screening assoziiert waren: Frauen mit höherem Lebensalter und solche mit Insulinbehandlung während der Schwangerschaft nahmen eher teil; Frauen mit Migrationshintergrund, einem höheren BMI, Raucherinnen und Frauen mit schlechteren Werten bei Nüchtern-Glucose und HbA1c hingegen eher nicht.
„Mehr als 60 % der Frauen mit GDM haben kein Screening nach der Geburt in Anspruch genommen. Und unter den Nichtteilnehmerinnen waren Frauen mit einem ungünstigeren Lebensstil häufiger vertreten. Hier fragen wir uns, ob diese Frauen gut informiert ihre Entscheidung für oder gegen eine Nachsorge treffen und sehen Bedarf für die Versorgungsforschung“, erläutert Icks.
Die Gründe für die niedrige Inanspruchnahme können vielfältig sein und nicht nur bei den Patientinnen, sondern auch bei Leistungserbringern oder im Versorgungssystem liegen. Bisherige Arbeiten lassen annehmen, dass die sozioökonomische Lage, wie das Bildungsniveau, entscheidenden Einfluss auf das generelle Gesundheitsverhalten hat. Ähnliche Erkenntnisse hat das RKI in einer Untersuchung des Zusammenhangs zwischen sozialer Ungleichheit und Diabetes gesehen. Aber auch eine fehlende Abstimmung zwischen Hausärzten, Diabetologen und Frauenärzten können eine Rolle spielen. „Wichtige Faktoren sind dabei einerseits der Nachwuchsmangel und anderseits die fehlende Finanzierung von interdisziplinärer Versorgung“, stellt Roden fest.
„Für Deutschland können wir heute nur sagen, dass sich eine relevante Zahl von GDM-Patientinnen nicht screenen lässt“, resümiert Icks. Ob sie sich bewusst dagegen entscheiden oder nicht über das Risiko und die Angebote nach der Geburt informiert sind, sei unklar. Auch die neuen Lebensumstände und Zeitmangel könnten dazu beitragen, dass die eigene Nachsorge nicht wahrgenommen wird. „Hier bedarf es in jedem Fall noch weiterer Untersuchungen“, so das Fazit der Expertin, die gerade an einem zukünftigen Versorgungsmodell arbeitet. „Nicht zuletzt benötigen wir mehr Diabetologen und Diabetologinnen und entsprechende Fachabteilungen an den großen Kliniken“, fordert Roden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Diabetes-Zentrums. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Hollie Santos, unsplash.