Menschen mit CED werden häufig mit Antikörpern behandelt. Doch rund 40 Prozent sprechen nicht auf die Therapie an. Forscher haben nun einen Weg gefunden, vor der Behandlung herauszufinden, ob sie anschlagen wird.
Bei chronisch-entzündlichen Darmentzündungen (CED), wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, führt eine gestörte Immunantwort zu einer Entzündung des Magen-Darm-Trakts, die in Schüben immer wieder aufflammt. CED-Erkrankte leiden unter chronischem Durchfall, Fieber und Schmerzen und ihre Lebensqualität ist stark beeinträchtigt. In Deutschland sind rund 320.000 Menschen betroffen.
Eine etablierte Therapie bei CED ist die Behandlung mit Antikörpern, die sich an entzündungsfördernde Botenstoffe des Immunsystems binden und so deren Funktion blockieren. Zu der Gruppe dieser Biologika zählen Anti-TNF-Alpha. Doch rund 40 % der Patienten sprechen nicht auf diese Biologika-Therapien an. Außerdem können schwere Nebenwirkungen auftreten. Forscher des Exzellenzclusters Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI) haben molekularbiologische Marker gefunden, mit deren Hilfe man zu Beginn der Behandlung erkennen kann, ob die Anti-TNF-Alpha-Therapie anschlagen wird. Ihre Ergebnisse haben sie gemeinsam mit internationalen Kollegen vor kurzem im Fachjournal Genome Medicine veröffentlicht.
Für ihre Studien haben die Forscher das Blut von CED-Patienten, die mit einem anti-TNF-Alpha-Antikörper behandelt worden sind, analysiert – und zwar vor Beginn der Therapie und zu verschiedenen Zeitpunkten ab Therapiebeginn. Mit modernsten Sequenzier- und Analysemethoden haben sie zum einen die Genexpression untersucht und zum anderen die DNA-Methylierung.
„Zwei Wochen nach Therapiebeginn konnten wir eine deutliche Veränderung im Muster der Genexpression und Methylierung feststellen, die spezifisch nur bei sogenannten Respondern vorkamen, also den Patientinnen und Patienten, die später auf die Therapie ansprachen“, erklärt die Erstautorin der Arbeit, Dr. Neha Mishra, Bioinformatikerin am IKMB und Mitglied des Exzellenzclusters PMI. Bei den Patienten, die dieses Muster zu diesem Zeitpunkt nicht aufwiesen, war auch später die Therapie nicht erfolgreich.
„Wir haben die Analysen anschließend mithilfe einer zweiten, unabhängigen Patientenkohorte bestätigt – dadurch sind die gewonnen Daten besonders verlässlich“, betont Mishra. Das Team fand rund 4.000 Gene, die bei den Respondern in ihrer Aktivität verändert waren. In der klinischen Anwendung wäre es zu zeitaufwendig und teuer die Blutproben der Patienten nach all diesen Genen zu untersuchen. Daher haben die Forscher daraus Gengruppen – insgesamt rund 50 Gene – identifiziert, die sich besonders gut als Biomarker eignen könnten.
„Unsere Erkenntnisse sind ein erster Schritt für einen echten präzisionsmedizinischen Ansatz in der Behandlung von CED-Patienten. Die Biomarker zielen darauf ab, dass Ärzte in der Zukunft eine individuelle, molekular begründete Entscheidung für eine gezielte Therapie treffen können“, betont Rosenstiel. „Dadurch könnten Patienten, denen die anti-TNF-Alpha-Therapie nicht helfen wird, diese frühzeitig abbrechen und so unnötige Nebenwirkungen vermeiden und schneller eine für sie geeignete Therapie finden. Auch könnten so dem Gesundheitssystem unnötige Kosten erspart bleiben“, so Rosenstiel weiter.
Im Kieler Exzellenzzentrum für Entzündungsmedizin (CCIM) am UKSH ist dieser Ansatz bereits in einer ersten klinischen Erprobung. „Patienten, die bei uns mit TNF-Alpha-Antikörpern behandelt werden, werden seit Neuestem im Rahmen einer Studie zwei Wochen nach Therapiebeginn auf diese Muster in der Genaktivität untersucht. Die Ergebnisse besprechen wir fachübergreifend und entscheiden gemeinsam, ob angesichts der vorliegenden Daten die Behandlung weiterhin zielführend ist und fortgesetzt werden sollte“, erklärt PMI-Sprecher Prof. Stefan Schreiber. „Unsere Patientinnen und Patienten profitieren also bereits jetzt direkt von den neusten Erkenntnissen aus der Forschung des Exzellenzcluster PMI. Gleichzeitig können wir auf diese Weise die neuen Biomarker in der Praxis erforschen und die Analysemethode so optimieren, dass sie hoffentlich zukünftig regulär klinisch eingesetzt werden kann“, so Schreiber weiter.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Bildquelle: Pawel Czerwinski, unsplash