Wird ein Darmtumor mit einer Chemotherapie behandelt, spricht häufig nur ein Teil der Zellen darauf an. Forscher haben einen möglichen Grund dafür entdeckt: Absterbende Tumorzellen warnen ihre Nachbarn und geben ihnen Anleitungen zum Überleben.
Das Kolorektale Karzinom ist in Deutschland die zweithäufigste Krebstodesursache. In den letzten Jahren konnte die Krebsforschung die frühzeitige Diagnose und Therapie zwar deutlich verbessern, die Resistenz fortgeschrittener Darmtumore gegenüber gängigen Chemotherapien stellt jedoch immer noch ein großes Problem dar und trägt maßgeblich zur hohen Sterblichkeit von Patienten mit kolorektalen Tumoren bei.
Wenn Chemotherapeutika Darmkrebszellen zum Absterben bringen, stoßen diese Moleküle der zellulären Energiewährung ATP als Botenstoff aus. Dies haben jetzt Forscher um Prof. Florian Greten in Experimenten nachgewiesen. Dieses ATP bindet an bestimmte Rezeptoren auf der Oberfläche umliegender Tumorzellen. Dadurch wird in diesen Nachbarzellen ein wichtiger Überlebenssignalweg aktiviert, der sie vor dem Zelltod schützt und den Tumor resistent gegenüber der Therapie macht. Kurz gesagt: Die sterbenden Zellen programmieren die Signalkaskaden in den benachbarten Tumorzellen um, sodass diese die Chemotherapie überleben.
Die durch die Chemotherapie getöteten Zellen warnen sozusagen ihre Nachbarzellen und liefern ihnen gleichzeitig eine Überlebensstrategie. Wenn die Kommunikation zwischen den sterbenden Tumorzellen und ihren Nachbarzellen jedoch unterbrochen wird – dies konnten die Wissenschaftler in präklinischen Modellen zeigen – erhöht das die Effizienz der Chemotherapie um ein Vielfaches, und ursprünglich resistente Tumore sprechen sehr gut auf die Chemotherapie an.
Erstautor Dr. Mark Schmitt erläutert: „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass trotz jahrelanger erfolgreicher Forschung immer noch unbekannte Mechanismen entdeckt werden, die uns zeigen, wie perfide sich Tumorzellen einer therapeutischen Kontrolle entziehen. Unsere Ergebnisse liefern nun einen neuen vielversprechenden Ansatzpunkt, mittels Kombinationstherapie die Ansprechrate fortgeschrittener kolorektaler Karzinome auf gängige Chemotherapeutika erheblich zu verbessern.“
Forschungsgruppenleiter Prof. Florian Greten fügt hinzu: „Wir waren überrascht zu sehen, dass Tumorzellen Mechanismen der Kommunikation entwickelt haben, die so weit gehen, dass selbst noch die sterbenden Tumorzellen aktiv daran mitwirken, bei einem therapeutischen Angriff das Überleben ihrer Nachbarn zu gewährleisten. Wir haben große Hoffnung, dass wir durch die Unterbrechung der Kommunikation zwischen den Zellen auch in Patientinnen und Patienten diese enorme Steigerung in der Wirkung der Standardtherapie erzielen können.“ Das Team möchte nun gemeinsam mit Kollegen dieses neue Therapiekonzept an Patienten testen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zur Originalpublikation gehts hier.
Bildquelle: Pawel Czerwinski, unsplash.