Bei Krebspatienten kommt es während einer Chemotherapie häufig zur Thrombozytopenie. Hilft die Umstellung auf eine ketogene Ernährung? Eine Studie zeigt überraschende Effekte.
Wer sich ketogen ernähren will, nimmt sehr wenig Kohlenhydrate zu sich, aber dafür viel mehr Fett und Eiweiß als bei normaler Mischkost. Um den langfristigen Kohlenhydratmangel auszugleichen, bildet der Körper im Rahmen der Ketogenese Ketonkörper, die in den Zitratzyklus eingespeißt werden.
Als Behandlungsmethode wird diese Diät bereits bei Epilepsie und Adipositas eingesetzt – über die letzten Jahrzehnte untersuchten Forscher auch ihren Nutzen bei Diabetes oder auch Krebs. In einer aktuellen Studie in Science Translational Medicine gingen Forscher nun davon aus, dass die Keto-Diät und die dadurch im Körper zirkulierenden Ketonkörper die Blutplättchenproduktion über den Megakaryozyten-Stoffwechsel im Knochenmark beeinflussen.
Um ihre Hypothese zu stützen, untersuchten sie die Plättchenproduktion bei fünf gesunden Männern, die sich für 7 Tage an eine strikte Keto-Diät hielten. Dabei betrug die ketogene Ratio, also das Massenverhältnis von Fett zu Kohlenhydraten und Proteinen in der Nahrung, 4:1. Die Forscher entnahmen den Probanden dann zu Beginn des Versuchs, sowie an Tag 3 und 7, Blutproben.
Ähnlich zu den Ergebnissen einer Keto-Diät, die sie zuvor bei männlichen Mäusen testeten, sank bei den Teilnehmern erwartungsgemäß das Körpergewicht. Die Konzentrationen der im Körper zirkulierenden Ketonkörper stiegen durch die strikte Ernährungsform; dabei stieg die Stoffmengenkonzentration von β-Hydroxybutyrat (β-OHB) im Schnitt von etwa 1 mM auf mehr als 3 mM am 7. Tag. Im Vergleich zum Beginn des Versuches erhöhte sich ebenfalls die Anzahl der Blutplättchen, um das 1,1-Fache am 7. Tag. Dabei veränderte sich weder die Thrombozytenverteilungsbreite, das durchschnittliche Volumen der Bluttplättchen noch die Erythrozytenanzahl oder die Anzahl an Leukozyten.
Eine detaillierte Analyse ergab, dass die Anzahl an Thrombozyten zwar bei allen Teilnehmern anstieg, aber immer noch unter einem potentiell schädlichen Wert von 400 x 109/L blieb. Weitere Untersuchungen ergaben auch, dass die strikte Keto-Diät keinen Einfluss auf die Koagulationskaskade, Morphologie der Thrombozyten oder ihre Funktion hatte. Die Ernährungsweise sorgte innerhalb von 7 Tagen nur für einen moderaten Anstieg der Plättchenanzahl bei gesunden Männern.
Schön und gut, doch wieso ist die Anzahl der Thrombozyten bzw. die Steigerung davon so relevant? Während oder nach einer Chemotherapie kann es zur Thrombozytopenie kommen, wodurch es zu einer erhöhten Blutungsneigung kommt und auch zu einer Limitierung der Wirksamkeit der Chemotherapie. Eine reduzierte Dosierung der Chemotherapie kann zwar die Chemotherapie-induzierte Thrombozytopenie (CIT) lindern, aber eben auch zu einem Verlust der Therapiewirksamkeit und weiteren Komplikationen führen – sowie zum Fortschreiten des Tumors. In der klinischen Praxis wird daher auch die Keto-Diät bei Krebspatienten angewandt bzw. probiert. Allerdings sieht die Studienlage dazu noch relativ mau aus; der tatsächliche Einfluss der Diät bei CIT ist noch unbekannt.
Die Forscher untersuchten daher retrospektiv den Einfluss einer ketogenen Ernährungsweise auf eine CIT. An ihrer klinischen Untersuchung nahmen 28 Patienten mit einer Krebserkrankung teil, die entweder nur eine konventionelle Chemotherapie erhielten oder zusätzlich noch eine Hormon- oder Antikörpertherapie. 11 dieser Patienten ernährten sich ketogen, die restlichen 17 hatten eine konventionelle Diät.
Die Ergebnisse waren vergleichbar zu denen der gesunden Männer: Diejenigen Patienten, die einer Keto-Diät folgten, hatten eine signifikant höhere Anzahl an Thrombozyten als die Krebspatienten mit einer konventionellen Ernährungsweise. Dabei lag die Inzidenz von CIT in der letzteren Gruppe bei 11,8 % (2 von 17); in der Keto-Gruppe hingegen bei 0 %.
„Zusammengenommen zeigen unsere Ergebnisse, dass ketogene Diäten zur Thrombozytopoese beitragen und möglicherweise das Potenzial haben, CIT bei Patienten zu verhindern, die sich einer onkologischen Behandlung unterziehen“, schreiben die Autoren. Die im Körper zirkulierenden β-OHB haben laut den Forschern Auswirkungen auf Megakaryozyten, die die Thrombozytopoese über epigenetische Prozesse antreiben würden. „Diese Arbeit ebnet potenzielle Wege für das Management von CIT und bietet mechanistische Einblicke in die Stoffwechselregulation der Thrombozytenbiogenese.“
Wie viele Studien hat auch diese ihre Limitierungen, allen voran die kleine Stichprobengröße sowie der retrospektive Charakter. Nichtsdestotrotz wäre eine Keto-Diät bei entsprechender Wirksamkeit eine kostengünstige Alternative bei der Behandlung von CIT im Vergleich zum Einsatz von Thrombopoietin-Rezeptor-Agonisten (TRA), welche als bisher nicht zugelassene Therapie gegen CIT auch schon klinische Anwendung fanden.
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