Mit heißem Wasserdampf erhitztes Heu ist für Pferde zwar sicherer, liefert ihnen aber weniger Proteine. Forscher warnen vor Mangelerscheinungen durch die Behandlung des Futters.
Pferdefutter wird mit Dampf behandelt, um es von potenziell schädlichen Mikroorganismen zu befreien und Partikel zu binden, die sonst eingeatmet werden könnten. Wie ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) herausfand, läuft dadurch jedoch auch eine chemische Reaktion ab, bei der die Proteine im Heu geschädigt werden. Dadurch werden sie für Pferde schwerer verdaulich. Das kann bei den Tieren zu Mangelerscheinungen führen und zum Beispiel das Wachstum oder den Muskelaufbau beeinträchtigen. Über die Arbeit berichtet das Team im Fachjournal Animals.
Heu wird mit heißem Wasserdampf auf bis zu 100 Grad Celsius erhitzt, um schädliche Mikroorganismen abzutöten sowie Pilzsporen und Staub an das Heu zu binden. „Viele Pferde leiden unter Lungenproblemen wie Asthma. Durch die Bedampfung ist das Heu quasi frei von lebenden Mikroorganismen und Partikeln, die beim Fressen eingeatmet werden und in der Lunge Schaden anrichten können. Damit ist es theoretisch ein sehr gutes Futter“, sagt Prof. Annette Zeyner vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der MLU.
Allerdings fand ihr Team heraus, dass die Behandlung auch Nachteile hat: Durch den Wasserdampf werden die Proteine im Heu beschädigt. „Ein Großteil der Proteine und darin enthaltenen, wichtigen Aminosäuren kann dann nicht mehr im Dünndarm verdaut werden, geht dem Pferd also durch die Behandlung verloren. Einzelne dieser Proteinbestandteile sind für Pferde aber essenziell und sie können auch nicht über den Dickdarm aufgenommen werden“, so Zeyner weiter. Um das zu zeigen, untersuchten die Forscher verschiedene Heuproben.
Im bedampften Pferdefutter fanden sie vermehrt Produkte, die bei der sogenannten Maillard-Reaktion entstehen und auf eine Schädigung der im Heu befindlichen Proteine hindeuten. Dabei handelt es sich um eine Reaktion, die auch während des Kochens, Backens oder Bratens von Lebensmitteln abläuft und für die Bräunung oder die Entfaltung von Aromastoffen verantwortlich ist. „Proteine bestehen aus Aminosäuren. Durch die Bedampfung werden diese geschädigt und bilden neue Komplexe mit Zuckern im Heu“, sagt Caroline Pisch, Erstautorin der Studie Das mache sie für Pferde nur schwer verdaulich. Durch die Behandlung reduzierte sich den Analysen der Forscher zufolge der Anteil an für den Dünndarm verfügbarem Protein um fast die Hälfte.
So kann es laut Zeyner zu einer Unterversorgung mit Proteinen kommen, die zum Beispiel für heranwachsende Pferde oder säugende Stuten problematisch ist: Junge Pferde benötigen Proteine für ihr Wachstum, Stuten für die Milchproduktion. Erschwerend komme hinzu, dass ein Proteinmangel sehr unspezifische Symptome bei den betroffenen Tieren hervorruft. Dazu gehören etwa ein gestörter Muskelaufbau und ein stumpfes oder struppiges Haarkleid mit sogenannten Hungerhaaren – vereinzelte, lange Haare im Pferdefell. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, könnten Pferdehalter die Nahrung der Tiere zum Beispiel mit proteinreichem Futter wie Bierhefe und Sojaschrot oder hochwertigen proteinreichen Ergänzungsmitteln für Pferde anreichern.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Ben Shbeeb, unsplash