Menschen mit Adipositas haben oft weitere Erkrankungen, wie Diabetes oder Krebs. Doch warum ist das eigentlich so?
Nimmt man zu, wachsen die Fettzellen mit. Bei starkem Übergewicht sind die Zellen meist stark vergrößert. Forscher der Technischen Universität München (TUM) konnten nun zeigen, wie vergrößerte Fettzellen Stoffwechselerkrankungen verursachen können. Zudem haben sie Untersuchungsmethoden entwickelt, um die Fettzellgröße des Menschen nichtinvasiv zu bestimmen.
Ursachen für starkes Übergewicht können eine genetische Veranlagung, ein ungesundes Essverhalten, Bewegungsmangel, ein langsamer Stoffwechsel, psychische Erkrankungen oder die Einnahme von bestimmten Medikamenten sein. Menschen mit Adipositas leiden oft nicht nur unter Stigmatisierung durch die Gesellschaft, sondern auch unter eingeschränkter Lebensqualität und einem höheren Risiko für Folgeerkrankungen. So steigt zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedene Krebsleiden.
Doch warum bekommen Menschen, wenn sie zunehmen, häufiger Erkrankungen? Dieser Frage gingen Dr. Julius Honecker und Prof. Hans Hauner vom Lehrstuhl für Ernährungsmedizin nach. Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und vielen Krankheiten ist zwar schon lange bekannt, doch wissen wir wenig, welche Bedeutung dabei die Fettzellgröße spielt. Das Team konnte jetzt zeigen, dass die Genexpression im Fettgewebe mit der Fettzellgröße assoziiert ist. Veränderungen in der Genexpression bei vergrößerten Fettzellen dürften für das Entstehen von metabolischen Erkrankungen mitverantwortlich sein.
„Große Fettzellen haben einen deutlich veränderten Stoffwechsel und begünstigen unter anderem das Entstehen von Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagt Hauner. „Das ist ein wichtiger Beleg, dass sich die Fettzellen in Abhängigkeit von ihrer Größe erheblich in ihrer Funktion unterscheiden.“
Um herauszufinden, wie die gesamte Genexpression von der Größe der Fettzellen abhängt, teilte das Team die Adipozyten nach ihrer Größe ein und sequenzierte ihre RNA. Das Ergebnis war eindeutig: „Die Adipozytenhypertrophie äußert sich in der veränderten Expression von Genen, die an der mitochondrialen Funktion und dem Fettsäurestoffwechsel beteiligt sind“, erklärt Honecker. Detaillierte Analysen zeigen, dass sich das Transkriptom von energieverbrauchend zu energiespeichernd und zu entzündungsfördernd gewandelt hatte. Die Zellen von stark Übergewichtigen speichern bevorzugt Energie und fördern Entzündungen, was die genannten Krankheiten begünstigt.
Um die Fettzellgröße von Patienten in Zukunft besser und ohne Biopsie untersuchen zu können, entwickelten und verfeinerten Dr. Stefan Ruschke und Prof. Dimitrios Karampinos eine nichtinvasive Magnetresonanz-Spektroskopie-Methode. Damit gelang auch eine robuste Analyse der Fettsäurezusammensetzung im Fettgewebe und es wurde erstmals ein Konzept einer virtuellen Fettgewebsbiopsie etabliert, ohne dass Fettgewebe durch einen Eingriff entnommen werden muss.
Durch diese verbesserten Untersuchungsmethoden, mit denen man die Morphologie und Komposition des Fettgewebes bestimmen kann, könnte man in Zukunft metabolische Erkrankungen besser und früher diagnostizieren. Und das ganz ohne Gewebeentnahme, sondern lediglich virtuell. „In der aktuellen Studie war es uns wichtig, bessere Methoden zu etablieren, um gleichzeitig die Fettzellgröße und die Fettsäurezusammensetzung im Körper zu messen“, sagt Karampinos. „Damit bieten sich völlig neue Perspektiven, um in Zukunft die Risiken, die im Fettgewebe schlummern, schnell und risikolos erfassen zu können.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität München. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Bildquelle: Diana Polekhina, unsplash